Das Jahr 2003 dürften die "livehaftigsten" zwölf Monate in der Geschichte
von Blind Guardian werden, denn neben einer Doppel-DVD und einem eigenen
Festival mit namhaften Bands, das die Krefelder an beiden Tagen headlinen werden,
ist nun auch eine Dekade nach "Tokyo Tales" die zweite Live-CD erhältich. Dass
die Jungs um Hansi Kürsch nur qualitativ hochwertige Ware abliefern brauche
ich nicht extra zu erwähnen und so kämpfte sich die Band durch über 30
aufgezeichnete Konzerte um die Rosinen aus dem Kuchen herauszupicken.
Die 22 Tracks auf den zwei Silberlingen stammen letztendlich aus 19
unterschiedlichen Locations, wobei geschickte Zuschauereinblendungen zwischen den
Songs den Eindruck erwecken der CD-Käufer wird Ohrenzeuge eines einzigen Blind
Guardian-Konzertes. Das dies nicht der Fall ist erkennt man spätestens an den
auf verschiedenen Sprachen dargebotenen Ansagen von Frontmann Hansi Kürsch,
aber man kann sich ja als Notlösung noch vorstellen, das unser imaginäres
Konzert vor der UN-Vollversammlung stattfand und der Sänger jedem Teilnehmer ein
wenig schmeicheln wollte.
Anhand der günstigen Voraussetzungen ist der Sound natürlich einwandfrei
und gehört so ziemlich zu den besten Liveaufnahmen die ich je auf einem
Silberling vernehmen konnte. Die Publikumsreaktionen sind hervorragend eingefangen
und Stimmungsknaller ist wie bei jedem Konzert der deutschen Metalspeerspitze
natürlich der "Bard`s Song", bei dem der Text fast ausschliesslich von den
Fans gesungen wird. Selbst die neue Studiaufnahme, die ja als Single
veröffentlicht wurde, kann bei soviel Livemagie da nicht mithalten.
Zwar wurde das Material auf der "A Night At The Opera"-World Tour 2002/2003
aufgezeichnet, dennoch repräsentiert die Setlist eine
Best-Of-Zusammenstellung bei der mit "The Soulforged", "Under The Ice" und "Punishment Divine" wie
auch bei der Tour nur wenige Tracks des aktuellen Studiolongplayers
berücksichtigt worden sind. Auffällig ist nur, das neben den vielen absoluten
Klassikern wie "Welcome To Dying", "Majesty", "Imaginations From The Other Side"
u.v.a.m., mit "Nightfall", "Harvest Of Sorrow", "A Past And Future Secret", "Lord
Of The Rings" und den bereis schon erwähnten "Bard`s Song" der Balladenanteil
für Guardianverhältnisse ziemlich hoch liegt. Ansonsten gibt es keine
weltbewegenden Überraschungen bei der Zusammensetzung zu vermelden.
Gründe das schlicht mit "Live" titulierte Doppelalbum käuflich zu erwerben
gibt es wahrlich genug, denn die Livestücke transportieren eine ganz spezielle
Magie eines, dank der enormen Auswahl von Veranstaltungsorten, vielleicht
sogar selbst erlebten BG-Gigs, die der Fan auf keinem seiner Studioalben finden
wird. Ausserdem ist dieser nett aufgemachte Doppelschlag durch seinen
Best-Of Charakter Zeugnis einer beispiellosen Karriere in diesem Sektor und somit
das ideale Futter für alle die die Band mit dem Tolkien-Touch erst kürzlich
für sich entdeckt haben.
PS.: Für alle Menschen die noch immer an dem Trauma
leiden, in ihrer Kindheit zum Konsum von Max Schautzer`s tollen TV-Show
"Pleiten, Pech und Pannen" gezwungen worden sind, kann ich die Homepage der Band
empfehlen, auf der man angeblich in naher Zukunft die missratensten Versionen,
schönsten Verspieler und grausamsten Ansagen herunterladen kann. Naja, wer`s
braucht.
MANUEL LIEBLER
17 von 20 Punkte
Internet: www.blind-guardian.com