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Musik an sich
 
BRAHMS DEUTSCHES REQUIEM zum Zweiten
Rondeau DDD (AD 2002) / Best.Nr. ROP 2020
Romantik / Vokal
Cover
 

Johannes Brahms (1833-1897): Ein deutsches Requiem
Windsbacher Knabenchor
Juliane Banse (Sopran) - Stephan Genz (Bariton)
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Leitung: Karl-Friedrich Beringer
www.rondeau.de

In der April-Ausgabe war über eine wenig ruhmreiche Neueinspielung von Brahms großartigem Chorwerk zu berichten. Nun gibt es erfreulicherweise Gelegenheit, eine andere Interpretation wärmstens zu empfehlen: Das kleine Label Rondeau Productions, "Hausmarke" des Windsbacher Knabenchores, präsentiert eine klangtechnisch hervorragende CD, die all das bietet, was die Konkurrenzaufnahme vermissen ließ.

In erster Linie sind dies eine überzeugende interpretatorische Leitidee und das Bewußtsein, dass Textverständlichkeit und Textverständnis nicht notwendig dasselbe sind. Karl-Friedrich Beringer gelingt es, Brahms´ bewegende musikalische Botschaft kongenial umzusetzen. Und so werden die Kontraste in idealer Weise herausgearbeitet, wenn etwa der angstvollen Erkenntnis der Endlichkeit ("Denn alles Fleisch es ist wie Gras") die Hoffnung auf die Auferstehung ("Die Erlöseten des Herrn werden wieder kommen") in geschärftem tänzerischen Duktus nachfolgt. Wenn dann die freudige Botschaft hell aufstrahlt und schließlich zu sicheren Gewißheit wird, bringt dies der Chor mit größter Präzision zum Ausdruck.

Überhaupt: der Chor! Seine Leistung gebietet jedem Zweifel Schweigen, ob ein derart anspruchsvolles Werk bei einem Knabenchor gut aufgehoben ist. Bei einem Ensemble von diesem Format ist es das offenkundig, ja, vielleicht sogar besser, als bei manch anderem "erwachsenem" Chor (was die Windsbacher bereits schon früher mit der ausgezeichneten Einspielung des Mozart-Requiems bewiesen - Bayer Records, 1988).
Es mag daran liegen, dass die jungen Ausführenden mit weniger furchtsamen Respekt, dafür aber mit um so sichererem Gespür für die existenzielle Bedeutung der Worte an die Sache herangehen. Dieser frische Zugriff tut dem Werk ungeheuer gut, löst es aus der pietätvollen Erstarrung. Hier schreien im sechsten Satz alle Kehlen der Hölle deren Niederlage offen ins Gesicht, der Triumph des Lebens über den Tod bleibt keine platte musikalische Phrase.
Bemerkenswert ist dabei, dass trotz der großen Besetzung des Chores die Transparenz des Klanges stets gewährleistet bleibt. Hierauf hat Beringer ersichtlich Wert gelegt, was auch dem Orchesterspiel zugute kommt; Farben und Feinheiten der Instrumentation, die sonst schnell verlorengehen, treten deutlich hervor. Sein Dirigat ist insgesamt zügig, aber die Wahl der Tempi und dynamischen Mittel bleibt stets am Aussagegehalt der jeweiligen Sentenz orientiert.

Das zuletzt bereits angesprochene leidige Problem der Tontechnik bei diesem Werk erfährt gleichfalls eine adäquate Lösung. Der Chor erscheint ein wenig in den Vordergrund geschoben, was gewährleistet, dass er auch in den opulenteren Passagen nicht vom Orchester zugedeckt wird.

Als Sopransolistin brilliert Juliane Banse im fünften Satz ("Ihr habt nun Traurigkeit") mit einer klangschönen, dabei sanft und überlegt eingesetzten Stimme. Stephan Gentz, Bariton, steht dem in nichts nach.

Alles in allem ein weiterer Beleg für die hohe Klangkultur der "Windsbacher" und sicherlich eine Aufnahme, die unter den nicht gerade wenigen erhältlichen Interpretationen turmhoch emporragt.

19 von 20 Punkte

Sven Kerkhoff

 

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