Händel, G. F. / Alberti, D. / Bononcini, G. / Cesti, A. (De Donato)
Polifemo - Arien für Bass
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Info |
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 03.05.2024
(Accent / Note 1 / CD / 2022 / Artikelnr. ACC 24392)
Gesamtspielzeit: 67:33
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DIE BLUMEN DES BÖSEN
...oder: "Die 1000 Gesichter des Monsters", denn der missgünstige Riese Polifem, der das idyllische Hirtenliebesglück des Acis und der Nymphe Galatea brutal zerstört, ist im Barock das Ungeheuer par excellence und hat seine Spur daher in vielen Opern und weltlichen Kantaten hinterlassen. Dabei reicht das Spektrum der Figur vom täppischen Lulatsch über der einfallslos gewalttätigen Grobian bis hin zu dem, was man heute als "Incel" bezeichnen würde, einen Frauenhasser aus Gram darüber, bei keiner landen zu können.
Der Bass Luigi De Dontao nimmt in diesem Sinne nicht unbedingt eine psychologische, aber eine musikalische Vermessung dieser Figur (Markenzeichen: einäugig und dreifingrig) mit ihren vielerlei Facetten vor. Natürlich darf da Händel nicht fehlen, bei dem Polifemo gleich in zwei Werken auftaucht, von denen sich hier aber nur die Serenata a tre "Aci, Galatea e Polifemo" abbildet. Zwei Arien hieraus bilden den Rahmen des Programms.
Dazwischen gibt es viel Unbekanntes zu entdecken. So etwa Bononcinis Version des Polifem: eine dort eher tragikomische Figur, harmonisch mit teils exotischem Kolorit - das Fremde als das Böse? Domenico Alberti (1710-1746) legt seinen Riesen sängerisch demgegenüber virtuos herausfordernd an und da braucht es schon solch eine Durchsetzungskraft wie De Donato sie mitbringt, um sich gegen den Orchestersound inklusive Jagdhörnern behaupten zu können ohne in Kraftmeierei abzudriften. Ähnlich randständig ist die Vertonung von Johann Georg Schürer (1720-1786), der am Dresdner Hof eigentlich für die geistliche Musik zuständig war und dessen Ausflug ins Weltliche sich dann auch als eher harmlos-koventionell erweist. Da hat Porporas Polifemo schon mehr Gewicht. Eine besondere Entdeckung ist jedoch Antonio Cestis Kammerkantate "Amante gigante", eine Art auf 9 Minuten verdichtete Mini-Oper, die zwischen 1640 und 1660 entstanden sein dürfte und berückend fein gearbeitet ist; vielleicht ist das an der unerwiderten Liebe leidende Biest später nie wieder so ausdrucksstark und differenziert portraitiert worden - ein echtes Meisterwerk, das hier dankenswerterweise seine Weltersteinspielung erfährt.
Und dann also Händel: Strahlend die Auftaktarie "Sibillar gli angui d´Aletto" und herzerweichend eindringlich das an sich schon nahezu unsingbare "Fra l´ombre e gl´orrori" am Schluss. De Donata lässt in diesem Stück nach viel Bass-Feuer die (Lebens-)Fackel des Polifem tatsächlich wie besungen geradezu tonmalerisch vokal erlöschen, wobei Dirigent Václav Luks ihm Tempi vorgibt, die das Kunststück nicht leichter machen, sondern dafür sorgen, dass die langen Haltetöne notwendig ausbleichen und vibrierend verblassen. Das ist raffiniert bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und erst so wird klar, welch kühner Wurf die Arie jenseits der technischen Herausforderungen ist.
De Donato schafft es tatsächlich, für alle Arien verschiedenartige Färbungen und Ansätze zu finden, mit einer Stimme, die trotz aller dunklen Prägnanz eine erstaunliche Flexibilität hat. Selbst da, wo die Komik der Figur musikalisch immanent ist (Bononcini), gibt er sie klugerweise nicht plump der Lächerlichkeit preis. Dem famosen Collegium 1704 kommt das Verdienst zu, dem Orchesterpart von der ersten bis zur letzten Minute Glanz und unwiderstehlichen Schwung zu verleihen. So macht das Böse doch mal wieder richtig Freude und kommt einem zugleich ganz nahe!
Sven Kerkhoff
Trackliste |
Georg Friedrich Händel: Sibillar gli angui d'Aletto & Fra l'ombre e gl'orrori aus "Aci, Galatea e Polifemo"
Domenico Alberti: Rezitative & Arien aus "La Galatea"
Giovanni Bononcini: Rezitative & Arien aus "Polifemo"
Antonio Cesti: Kantate "Amante gigante"
Antonio Caldara: Sinfonia C-Dur
Johann Georg Schürer: Dalla spelonca uscite, Se scordato il primo amore & Sinfonia aus "La Galatea"
Nicola Porpora: M'accendi in sen col guardo aus "Polifemo" |
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Besetzung |
Luigi De Donato: Bass
Collegium 1704
Vaclav Luks
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