Helge Lien Trio
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Den norwegischen Jazz-Pianisten Helge Lien lernte ich musikalisch im Jahre 2008 durch seine Platte “Hello Troll“ kennen. Ich war begeistert von dieser hervorragenden Neuentdeckung und der Andersgestaltung des typischen Piano-Jazz-Trios. Wie ich feststellte, übten die Begleiter des Pianisten an Bass und Schlagzeug eine wichtige Funktion zur individuellen Ausgestaltung des Gesamteindrucks aus.
Waren es damals die Musiker Frode Berg (bass) und Knut Aalefjær (drums), so wechselte man Jahre später den Schlagzeuger und fortan spielte Per Oddvar Johansen auf diesem Posten. Nun, mit der neuen Doppel-CD 10 gab es einen Wechsel des Bassisten, dabei ist jetzt Mats Eilertsen. Ihn kenne ich von Aufnahmen mit Tord Gustavsen, Trygve Seim oder Mathias Eick. Nach dem Abschied von Frode Berg versuchte sich Lien neu zu orientieren, unter anderem dadurch, dass die Aufnahmen nicht mehr im Rainbow Studio in Oslo stattfanden, sondern nun in Schweden, in Gothenburg, dem Nilento Studio.
Laut Pressetext sollte die Musik auf dieser Doppel-CD eine Bestandsaufnahme der Vielseitigkeit dieser Formation darstellen. Klangmalerische Piano-Aquarelle und mitreißende Grooves, experimentelle Abstraktionen und runischer Jazz.
Bereits mit den ersten beiden Songs wird klar, wie stark sich der neue Bassist Eilertsen in die Musik einfügt, einerseits die Instrumente Piano und Schlagzeug verbindend und andererseits mit poetisch wirkender Ausstrahlung Einfluss nehmend auf das Gesamtbild. Zur Veröffentlichung “Guzuguzu“ hatte ich bemerkt, dass die ehemalige Neuentdeckung des Helge Lien Trios für mich zwischenzeitlich zu einer Instution geworden war. Und diese Institution festigt sich zunehmend. Nicht viele Piano-Jazz-Trios besitzen diese Ausstrahlung, diese Dichte des Spiels, dieses Können eines Musizierens wie aus einem Stück.
Ja, so empfinde ich diese Musik, wie aus einem Stück, eine unglaublich emotional wirkende Einheit dreier Individuen, weit fernab jeglicher Verkopftheit. Auch wenn es mitunter ein wenig abhebt in der Stimmung, stets bleibt dieser große Hauch von Meditation und Spiritualität in der Luft, die Weite skandinavischer Landschaften, ausgedrückt durch Elemente des Jazz als auch der klassischen Musik. Wiederum verspüre ich Wohlgefühl, und diese Art von Wärme, die ausgestrahlt wird, erfährt dieses Erachtens durch Mats Eilertsen noch einen Tick mehr davon, weil er sich noch mehr in diese recht unterschiedlich ausgeprägte Atmosphäre beider CDs sehr stark einbringt. Sehr bewegend ist seine japanisch klingende Solo-Performance “Before Now“, im Übrigen auch von ihm komponiert.
Eines der ungewöhnlichsten Stücke ist “Please Stay“, das sehr experimentell angelegt ist. Es scheint auf den tiefen Tasten des Pianos gehämmert zu werden, Trommelgeräusche, auf allen Instrumenten (?) und der Klang gezupfter Saiten heben diesen Song ab von den Übrigen, im Übrigen eine gemeinschaftliche Komposition. Der “Berlin Blues“ bietet in der Tat das, was der Titel verheißt, man widmet sich dem Blues in seiner Grundform, da schimmert doch tatsächlich ein Hauch Ramsey Lewis durch.
Trotz diverser kultureller Einflüsse habe ich letztlich das Gefühl, dass diese neue Veröffentlichung wieder meist mehr skandinavisch klingt als die vorherigen Produktionen. Von Ozella Music wurde mit dem Song “Misty“ von Erroll Garner noch ein Bonustrack spendiert, den man sich jedoch per aufgeführtem Link selbst herunterladen muss.
Wolfgang Giese
Trackliste |
CD 1:
1 Be Patient
2 Popkoral
3 Loose Gore
4 Krystall
5 Falturill
6 Before Now
7 Now
8 And Then
9 Crabs
CD 2:
1 Please Stay
2 Jazzkoral
3 Nipa
4 Get Ready
5 Run
6 Roll
7 Crossing the Lake on a Kicksled
8 Kristall
9 Berlin Basement
10 Berlin Blues
11 Popkoral (Outro)
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Besetzung |
Helge Lien (piano)
Mats Eilertsen (bass)
Per Oddvar Johansen (drums)
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