|
|
Sigh
Graveyard
|
|
|
Seit einem Vierteljahrhundert bieten die Japaner Sigh jetzt schon Wahnsinn in Tüten. Dass man einst als Black-Metal-Band startete, merkt man heute eigentlich nur noch am immer wieder krächzenden Gesang und vereinzelten Blast-Einlagen. Denn ansonsten fegt man einmal quer durch den metallischen Gemüsegarten und durchpflügt ebensolchen mit eine ganzen Ladung klassischem Bombast und einer Portion eigensinniger Wirrnis, die die Band aber auf seltsame Art und Weise immer wieder zu bändigen weiß. Ergebnis ist Musik, die wahlweise wie ein chaotischer Fiebertraum oder wie eine Wanderung durch einen düsteren, halb verfallenen Vergnügungspark (Silent Hill, irgendwer?) klingt.
Das ist auch anno 2015 mit Graveyard nicht anders. Bandleader Mirai Kawashima wirft die buntesten Keyboard- und Synthieklänge in den Ring und kombiniert den eh schon irren Metalsound mit großem Orchester- und Chorbombast, dem mal das Pathos großer Hollywood-Schinken innewohnt, ein anderes Mal nur flächig unterstützt, emotional auftritt. Neu hingegen sind die immer eingestreuten, sportlichen Malmsteen-Gedächtnis-Gitarren. Das verleiht der Musik von Sigh teilweise einen anderen Dreh als gewohnt. Dies größenwahnsinnige Selbstdarstellerei passt allerdings gut zu den neuen Songs der Band.
Diese klingen beim ersten Hören wieder reichlich chaotisch und möchten erst durchdrungen werden. Bereits die Eröffnung „Kaedit Nos Pestis“ wartet mit einem wahren Füllhorn an Ideen auf und zieht einen wie ein Strudel in die wilde Welt von Sigh hinab. Ein paar Songs gibt es allerdings auch, an denen man sich beim erstmaligen Anlauf festkrallen kann. „The Tombfiller“ mit seinem Black-Metal-Ästhetik-trifft-auf-eingängigen-Refrain zum Beispiel, oder auch „Out of the grave“ mit seinem rockigen Flair, das nur vom freakigen Saxophon-Solo unterbrochen wird.
Letzteres ist nur ein kleiner Anklang auf den Wahnsinn der Japaner. „The molesters of my soul“ spielt zum Beispiel mit elektronischen Dissonanzen, während bei „The Casketburner“ Black Metal auf loungigen Jazz trifft. Und immer wieder sind es die Bläser- und Streichersätze aus der Hölle, die für ein mitreißendes Element sorgen. Diese treffen auch mal auf Film-Noir-Atmosphäre („The trial by the dead“) oder sie zeigen sich als dramatischer Klangteppich in einem sonst regelrecht ruhigen Klangbecken („A messenger from tomorrow“).
Sigh bleiben also auch im 25. Jahr ihres Bestehens mit einem Album spannend, das ungewöhnlicher Weise mit purem Rock’n’Roll („Dwellers in a dream“ - Uriah Heep auf schlechten Drogen) ein Ende findet.
Mario Karl
Trackliste |
1 | Kaedit Nos Pestis | 4:36 |
2 |
Graveward | 5:16 |
3 |
The Tombfiller | 4:51 |
4 |
The Forlorn | 5:40 |
5 |
The Molesters of My Soul | 5:19 |
6 |
Out of the Grave | 3:45 |
7 |
The Trial by the Dead | 4:28 |
8 |
The Casketburner | 5:03 |
9 |
A Messenger From Tomorrow | 7:11 |
10 |
Dwellers in a Dream | 3:26 |
|
|
|
|
|
Besetzung |
Mirai Kawashima (Bass, Gesang, Keyboards, Samples, Programming, Vocoder)
You Oshima (Gitarre)
Dr. Mikannibal (Saxophon, Gesang)
Junichi Harashima (Schlagzeug)
Satoshi Fujinami (Schlagzeug, Gitarre, Bass)
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|