David Bowie überlebensgross - Mark Spitz versucht eine Heiligsprechung
Info |
Autor: Mark Spitz
Titel: David Bowie. Die Biographie
Verlag: Edel Rockbuch
ISBN: 978-3-91378-87-2
Preis: € 29,95
559 Seiten
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Mark Spitz hat eine Menge Bowie-Bücher gelesen. Das macht er im Vorwort mit der Akkribie deutlich, die ein Buch braucht, das am Ende auf über 500 Seiten angewachsen sein wird. Ich habe schon eine Menge Bücher über (Rock)Musiker rezensiert und am Ende standen (fast) immer mindestens ein oder zwei neue Alben auf meinem Einkaufszettel. Das war dieses Mal nicht der Fall. Mark Spitz hat mich nicht gepackt - praktisch keine einzige Seite lang. Das ist bei einem Bücherwurm, wie mir, schon eine Leistung. Aber das kann natürlich auch an mir liegen.
Das Bowie-Buch war für Mark Spitz offenbar keine Herzensangelegenheit. Das macht er im Prolog ausführlich deutlich. Die Musikzeitung Spin hatte ihm seinen Job als leitender Redakteur gekündigt, ein Buch über Green Day war abgeschlossen, als sein Verleger ihm den Vorschlag machte. Was folgt ist die lange Liste bereits existierender Bowie Bücher, verbunden mit der Überlegung, ob es da noch eines weiteren bedarfs, seiner Erkenntnis, dass er zwar Fan war, ansosnten aber keinen besonderen Zugang zum dem „diamond Dog“ hatte plus Erinnerungen an Interviwes mit den Bowie-Sidekicks Lou Reed und Iggy Pop. Das als Vorwort für bescheidene 500 Seiten David Bowie - mit dem wesentlich unbescheideneren Untertitel Die Biographie - „Die" wohlgemerkt, nicht „Eine"!
Spitz hatte beim Verfassen der Biographie keinen direkten Zugang zu Bowie; somit kann sein Werk nicht mehr sein, als ein sorgfältig recherchiertes Zusammentragen bereits vorhandener Informationen. Aber das ist ja nichts Ehrenrühriges. Spitz ist kein von Guttenberg und behauptet nichts anderes. Und seine Biographie ist kein wissenschaftliches Werk, das die Herkunft jedes Halbsatzes mit Anmerkung erkennbar machen muss.
Ob Spitz bei seiner Arbeit ganz neue Zusammenhänge erkennbar macht, sich mit neuen Argumenten an Diskussion um Bowie beteiligt oder in anderer Weise innovativ ist, kann ich, der ich die oben erwähnten Regalbretter füllende Bowie-Literatur nicht kenne, nicht beurteilen.
Gefehlt hat mir vor allem ein Thema. 1997 hat Bowie sich mit den „Bowie Bonds“ sozusagen als „Aktiengesellschaft“ vermarktet – ein völlig neuer Weg sich als Musiker zu Geld zu machen. Diese Thema war Spitz offenkundig zu profan für seine Hagiographie (s.u.).
Zwei Dinge sind mir an David Bowie. Die Biographie aufgefallen.
Lästig ist die extrem wertenden Art, von der Spitz seine Darstellung begleiten lässt. Glamrock, Pop, Punk, New Romantic, Disco,... Wenn man der Lobhuddelei des Buches gläubig folgt, ist David Bowie nicht nur der wichtigste Musiker nach dem zweiten Weltkrieg gewesen, sondern Vorreiter fast jedes Musikstils, der sich jenseits der 60er Jahre entwickelt hat, oder andersrum gesagt: Ohne David the Great, hätte es alle diese Musikstile, zumindest so nicht gegeben.
Das scheint mir die Realität doch etwas zu verzerren.
Keine Frage, Bowie ist ein extrem kreatives Chameleon, dem es mit großer geistiger Offenheit immer wieder gelungen ist, Trends aufzugreifen. Dabei ist er (nie) zum Wellenreiter geworden, der nur noch die Kuh gemolken hat, die bereits auf der Weide stand. Immer wieder hat er neue Entwicklungen bemerkt und ihr Potenzial erahnt, als ein Großteil des etablierten Musik Business noch gleichgültig mit den Schultern zuckte, bzw arrogant, z.B. über die aufkommende Disco-Welle, die Nasen rümpfte.
Sinniger ist es da schon, dass Spitz immer wieder „über die Dörfer“ geht und in größerer Ausführlichkeit Personen beschreibt, die Bowies Weg bedeutungsvoll kreuzen, dem Star wichtig waren oder größeren Einfluss auf ihn hatten. Das macht das Lesen des Buches nicht unbedingt flüssiger, dürfte aber ein wichtiges Plus nicht zuletzt für diejenigen sein, die schon (Fast) alles über Bowie wissen.
Norbert von Fransecky
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