Tschaikowsky, P. I. (Norrington)
Sinfonie Nr. 5, Nussknacker-Suite
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Info |
Musikrichtung:
Romantik
VÖ: 16.3.2009
(hänssler classic / Naxos / CD / DDD / 2008, teilw. live / Best. Nr. CD 93.254)
Gesamtspielzeit: 68:41
Internet:
RSO Stuttgart
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AUF ABSTAND
Um es vorweg zu nehmen: Mit dieser Produktion kommt Roger Norrington Tschaikowsky nicht näher, ja, es scheint fast, als hielte er ihn und das Wesen seiner Musik bewusst auf Abstand. Dabei ist die fünfte Sinfonie eigentlich leichter fasslich als ihr Nachfolgewerk, die Pathétique. Dennoch hat Norrington bei jener ein weitaus glücklicheres Händchen bewiesen (vgl. MAS-Review).
Hier hingegen erweist sich sein Bemühen um Klarheit, Struktur und Transparenz als kontraproduktiv. Der Dirigent erlaubt der Musik zu keiner Zeit die große Geste und das Sich-Verströmen. Aus Angst vor jeder Form von Pathos treibt er ihr das Gefühl gleich ganz aus. Sie tritt uns harsch, dadurch oft lärmig gegenüber. Gewiß ist diese Seite den Orchesterwerken des Russen nicht fremd, zumal der fünften Sinfonie mit ihren permanenten, teils abrupten Umschwüngen ins Kämpferische und Heroische. Aber sie hat auch einen Gegenpol. Jener elegischen Aspekt, die Momente rauschhafter, sinnlicher Klanggemälde bleiben in dieser Interpretation indes unterbelichtet. Der luzide Gesamtklang wird durch einen angestrengt scharfen Sound der Streicher erkauft. Das Blech hingegen überstrahlt und erinnert in unguter Weise an deutschromantische Fanfarenstöße. Dabei wird zwar scharf, aber auch atemlos phrasiert, die Möglichkeiten dynamischer Abstufungen und Übergänge werden nicht ausgereizt. Der Zugriff verfehlt insgesamt das spezifisch russische Idiom der Musik.
Nicht anders ergeht es dem "Nussknacker", der - im Gegensatz zur Fünften - nicht live mitgeschnitten, sondern im Studio aufgenommen wurde. Dieser Interpretation der berühmten Orchestersuite fehlt es entschieden an Duftigkeit, Farbigkeit und spielerischer Eleganz. Das Feingefühl für den Charme und Hintersinn dieser nur vordergründig harmlosen Musik vermisst man schmerzlich. Pars pro toto seien die Schwächen im Blumenwalzer benannt: Die Einwürfe der Flöte werden nicht blütenzart getupft, sondern einfach flächig gezogen; der überbordende, soghafte Taumel, mit dem das Stück auf den rasanten Schluß zusteuert, wird nicht ansatzweise zufriedenstellend herausgearbeitet.
Von beiden Werken gibt es weitaus bessere Einspielungen und das nicht zu knapp. Tipp daher: Bei dieser CD lieber Abstand halten.
Sven Kerkhoff
Trackliste |
1-4 Sinfonie Nr. 5 e-moll, op. 64 45:29
5-12 Orchestersuite aus dem Ballett "Der Nussknacker", op. 71a 23:12
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Besetzung |
Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR
Roger Norrington: Leitung
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