Heißer Rock und hektoliterweise Schweiß – DANKO JONES und die BACKYARD BABIES live in München
19. März 2009 in der bayerischen Landeshauptstadt - Einen Tag vor dem kalendarischen Frühlingsanfang bilden sich lange Menschenschlangen vor dem Backstage Werk. Musikhungrige bitten um Einlass, um sich eine großzügige Ladung Powerrock einzuverleiben. Eigentlich genau das Richtige um die anschleichende Frühjahrsmüdigkeit aus den Knochen zu schütteln und der optimale Soundtrack für kommende Frühlingsgefühle und ihre Hormonschübe. Denn auch heute geht es in den Songs der auftretenden Gruppen hauptsächlich um Zwischenmenschliches, vorzugsweise natürlich um die körperliche Komponente desselben. Dabei ist es an diesem Abend noch alles andere als frühlingshaft. Es ist sogar ziemlich scheußlich und feucht. Auf der Heimfahrt schneit es sogar ein wenig. Vor dieser war man als Konzertbesucher allerdings eher einem hitzigen Schweißregen ausgesetzt, verursacht von DANKO JONES, deren Begleitern BACKYARD BABIES, sowie den Gewinnern des im Vorfeld veranstalteten Quicksession-Wettbewerbs.
Das Quartett MOORANGE aus Baden-Baden ging aus diesem Newcomer-Wettbewerb als strahlender und eindeutiger Sieger hervor und durfte auf der Tour im Vorprogramm eine halbe Stunde lang den Aufwärmer spielen. Eine Chance welche Band nicht ungenutzt ließ. Zwar glaubte man beim ersten Blick als die Herren an Gitarre, Bass und Schlagzeug auf die Bühne marschierten, es mit einer schnöden Studentenband zu tun zu haben, aber als die ersten Riffs ertönten und ihr klasse Sänger in Lederjacke gekleidet euphorisch auf die Bühne stürmte, standen die Anzeichen ganz klar auf Rock. Und zwar auf recht traditionelle Art und Weise, dargeboten mit einer jugendlichen Frische wie man es auch von The Answer oder Jaded Sun kennt. Da sag noch einer die klassische Rockmusik sei tot. Dabei bewiesen Moorange an diesem Abend, dass momentan genau das Gegenteil der Fall ist und junge Bands dem dahindarbenden Genre wieder Leben einhauchen. Songs wie „She said“, „Mr. Big Bull“ oder „Around the world“ wussten schon von den ersten Tönen an zu begeistern. Da ließ sich auch das noch relative junge Publikum mitreißen und die Leute rückten immer schneller in die ersten Reihen. Die Band hatte an diesem Abend auch die besten Voraussetzungen, indem sie neben dem vollen und klaren Sound genauso die komplette Lightshow nutzen konnte, um sich ins rechte Licht zu rücken. Die große Bühne wurde ebenso ausgenutzt. Vor allem Frontmann Luke spielte den großen Showmacher. Man sah ihm, genauso wie dem Rest der Band, den Spaß an der Sache einfach an. Zwar wirkte so manche Geste in aller Euphorie ein wenig übertrieben, aber insgesamt war der Auftritt eine sehr spaßige Sache. Hoffentlich sieht man sich bald wieder!
Wie sich die Zeiten doch ändern. Bereits vor acht Jahren waren die BACKYARD BABIES zusammen mit den Kanadiern Danko Jones unterwegs. Damals allerdings noch als Hauptact und nicht als Vorband. Heute sind die Schweden die letzten großen Überlebenden des skandinavischen Rotzrockbooms der Mitte/Ende der 90er die Hartwurstwelt überrollte, und man muss heutzutage einfach kleinere Brötchen backen als früher. Daran ist die Tatsache, dass die letzten Alben der Band nicht mehr durchgehend Genrehighlights waren, nicht ganz unschuldig. Aber ihre echten Fans scheinen nach wie vor wie eine Eins hinter der Band zu stehen und waren an diesem Abend gut vertreten, um ihre Helden runde 45 Minuten zu bejubeln.
Langsam wurde es im Backstage voll, während die ersten Töne von „Degenerated“ erklangen. Der Sound war etwas schwammig, dafür umso lauter. Viel hat sich (glücklicherweise) bei den Backyard Babies nicht verändert. Bassist Peder Blomquist ist der entspannte und ruhende Pol der Band, Peder Carlsson spielt versunken hinter seinem Kit seine Beats und die beiden Frontnaturen Dregen und Nicke Borg lassen mit lässigen Posen die coolen Rocksäue raushängen. Während ersterer sich immer mehr in eine Art Keith Richards des Rotzrock verwandelt (und dabei weiter so sympathisch wirkt), erinnert der blonde Nicke optisch heute an eine Dandy-Ausgabe von Social Distortion-Vorstand Mike Ness. Die Stimmung ist zwar vom ersten Titel an recht ausgelassen, das Publikum taut allerdings erst beim folgenden „Star war“ richtig auf. Einer der wenigen alten Songs an diesem Abend, von denen „Minus Celsius“ und „Brand new hate“ die Leute erwartungsgemäß am meisten zum Kochen brachten. Leider sparte man das Backkatalog-Highlight Total 13 vollkommen aus. Von den neuen Titeln erntete vor allem das balladesk beginnende „Abandon“ großen Applaus. Aber auch „Fuck off and die“ und „Nomadic“ der neuen CD fanden viele Anhänger und zeigten die Babies auf einem hohen Energielevel. „Dysfuntional professional“ beendet eine sehr unterhaltsame Rockshow. Genauso wie im Vorprogramm von Social Distortion im Jahre 2005 baute man damit ein gutes Stimmungsfundament für den bald folgenden Headlinerauftritt. Aber irgendwie wurde man das Gefühl nicht los, es trotzdem schon fast mit einer Art Schweinerockdinosaurier zu tun zu haben, denn inzwischen wirkt die Band doch ein Stückweit abgenutzt und jenseits ihres Zenits.
Setlist:
Degenerated
Star war
Back on the juice
Fuck off and die
Brand new hate
Minus Celsius
Abandon
Everybody ready?
Nomadic
Dysfunctional professional
Auf ihrem Zenit scheinen dagegen DANKO JONES mit ihrem gleichnamigen Frontmann angekommen zu sein. Denn das Backstage Werk war inzwischen rappelvoll und es dürften sich an die 800 feierwütigen Rockfans an diesem Donnerstagabend versammelt haben um das weibliche Mutterschwein rauszulassen. Der optische Eindruck des Trios ist auch ein etwas anderer als bei der Gruppe davor. Adrett in schwarze Hemden und Stoffhosen gekleidet entert die Band unter tosendem Applaus die Bühne. Doch der optisch brave Eindruck täuscht. Darunter versteckt sich eine gut geölte und unter Strom stehende Maschine die von der ersten bis zur letzten Sekunde Vollgas gibt. „The rules“, „My time is now“ und „I like to ball“ ist das Eröffnungstrio, welches die Bude ordentlich in Schwung bringt. Das Publikum saugt jede Note begierig auf und die geschätzten ersten 30 Reihen des Backstages verwandeln sich in eine einzige wogende Masse, in der wild getanzt, mitgesungen und auch gepogt wird. Frontmann Danko quittiert das mit dem einen oder anderen schmutzigen Grinsen und heizt die Masse mit seinen vordergründig einfachen aber effektiven Riffs an, während sein Sidekick John Calabrese das wilde und bestens gelaunte Tier am Bass mimt und stets die richtige Unterlage für seinen Boss liefert. Hinter den beiden regiert Dan Cornelius an seinem Schlagzeug. Dieser sorgt für den richtigen Beat, agiert allerdings optisch wie spielerisch etwas im Hintergrund.
Die erste Reihe ist aber auch für Danko persönlich reserviert, einer der derzeit coolsten Rocker unter der Sonne. Seine entgleisenden Grimassen und vor allem seine selbstironische und übertriebene Art, die allerdings nur eine Showfassade ist, machen ihn einfach dazu. Mit seinen anzüglichen Ansagen zieht er die Leute vor der Bühne auch immer wieder auf seine Seite und erntet zahlreiche Lacher als er symbolisch Bono Vox’ Hinterteil küsst, wo er ihn doch vorher noch beschimpft hat, oder einer seiner zahlreichen, schlüpfrigen Lamentos über den vermeintlich echten Rock ’n Roll und Sex hält. Die einzig wahren Themen an dem Abend. Der Mann ist einfach eine Schau und ein richtiger Entertrainer, der mit seinem ausladenden Charisma die komplette Bühne füllt.
Aber das alleine würde für ein gutes Konzert natürlich nicht genügen, würde die Musik nichts taugen. Aber die straighten Songs der Band sind wie gemacht für eine standesgemäße Liveaufführung. Die satten Bassgrooves von „Play the blues“ oder „Lovercall“ sind einfach unwiderstehlich, beim schmissigen „Invisible“ zuckt es einem im Leib und bei den Hits wie „First date“ oder „Forget my name“ muss man einfach mitsingen. Zu mitreißend ist der Mix aus bluesigen Licks, dem ursprünglichen Punk der Stooges und Garage-Rock von MC5, sowie klassischen Rockzitaten von AC/DC oder Thin Lizzy. Der Stimmungspegel ist dabei vom Anfang bis zum Ende am oberen Level und flacht nie wirklich ab. Vorläufiger Höhepunkt ist schon fast traditionell das unveröffentlichte „Mountain“, bei dem Danko von oben herab seinen Kritikern aufs Haupt spuckt und sein persönliches Mantra „This heart gets stronger, this skin gets thicker, this mouth gets louder“ äußerst eindringlich herunterbetet. Dabei schwitzt er nach wie vor mit jeder Pore seines Körpers Authentizität und Glaubwürdigkeit aus. Das schlug sich nebenbei auch an den Merchandisingpreisen nieder. Schicke Danko Jones-Leibchen gab es schon für 15,- EUR (Backyard Babies für 20,- EUR).
Nach einer kurzen Pause, sowie einem Gitarrentausch Explorer Weiß gegen Schwarz, schleppt sich das Trio wieder auf die Bühne um der aufgeheizten Menge noch einmal mit drei Nummern (u.a. dem gefeierten „Code of the road“) einzuheizen. „Sleep is the enemy“ beendete diese grandiose und sehr energiereiche Rockshow, für die es nicht mehr brauchte als eine Handvoll Akkorde, drei sympathische Protagonisten und ehrlichen Enthusiasmus. Wer verlangt da noch nach Schnickschnack wie Pyros oder einer großen Lightshow? Eben, niemand! Nachdem sich Danko ein letztes Mal mit seiner Gitarre in Pose schmiss, damit die Fans ihren Daheimgebliebenen ein schickes Erinnerungsfoto mit nach Hause bringen konnten, war das Ganze nach rund 80 Minuten leider vorbei. Gegen eine weitere Zugabe hätte sicher niemand etwas gehabt. Aber da Danko Jones zu der Sorte der äußerst tourfreudigen Bands gehören, ist ein baldiges Wiedersehen mit Sicherheit garantiert.
Setlist:
The rules
My time is now
I like to ball
Play the blues
King of magazines
Never again
Baby hates me
First date
Forget my name
Sugar chocolate
Sugar high
Invisible
Woogie boogie
Fucked up
Lovercall
Cadillac
Mountain
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Code of the road
Bounce
Sleep is the enemy
Mario Karl
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