Rihm, W. (Cambreling - Bour)
Dis-Kontur / Lichtzwang / Sub-Kontur
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Info |
Musikrichtung:
Orchestermusik
VÖ: 15.02.2008
(Hänssler Classic / Naxos)
Gesamtspielzeit: 67:32
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IN DIE VOLLEN
Die elementare Kraft, die Wolfgang Rihm in den hier eingespielten Orchesterstücken aus den 1970er Jahren entfesselt, zeigen ihn noch ganz als ungezähmten Ausdrucksmusiker, der keine Angst vor unmittelbar packender, manchmal auch knallig pathetischer Wirkung hat.
Dis-Kontur (1974) beispielsweise gewinnt seine Energie ganz aus den unablässigen voluminösen und rabenschwarzen Schlägen von Großer Trommel und Pauke, die das streichersatte und blechgepanzerte Klangmaterial des Stücks nicht nur durch Zäsuren gliedern, sondern regelrecht (ver)formen (so wie man mit einem Vorschlaghammer eine großen Block Ton bearbeiten könnte). Das ist Musik zum Anfassen, zwischen Zartheit und roher Gewalt changierend und – bildlich gesprochen - stets kurz vor dem Absturz in die totale Katastrophe. Sylvian Cambreling und dem SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg liegt das Stück gut in den Händen, ohne dass es dadurch ganz der Gefahr einer gewissen Monotonie entgeht.
Sehr erfreulich sind die kompetenten und frischen Interpretationen der beiden anderen Stücke, Lichtzwang (1975/76) und Sub-Kontur (1974/75) unter der Leitung von Ernest Bour, die aus den 70er Jahren stammen. Klanglich sind sie ohne Fehl und Tadel, musikalisch zudem noch zwingender und plastischer geraten.
Rihm wartet hier mit vergleichbaren Klang- und Ausdrucksextremen auf, arbeitet aber auch stärker mit Zwischentönen, so dass sich die Spitzen nicht so schnell abnutzen. Angst-Lust und Berserkertum haben bei ihm eben doch Methode. In Lichtzwang sorgt vor allem der von János Négyesy spannungsvoll dargebotene Part für Solovioline dafür, dass es einen individuellen roten Faden gibt, der den Hörer durch die Abstürze und Eruptionen der Rihmschen Klangwelten geleitet. Zudem huldigt der Komponist mit stark verfremdeten (oder „übermalten“) Zitaten Gustav Mahler. Diese Entlehnungen sind nahezu die einzigen Passagen, in denen die ansonsten überwiegend graustichige Musik Farbe bekommt. Auch wenn es hier natürlich keine wirkliche Beruhigung gibt, scheint der katastrophische Ton der Musik doch gemäßigter, subtiler. Der musikalische Überdruck liefe für sich genommen auf Dauer dann doch Gefahr, sich zu erschöpfen und den Hörer zu ermüden.
Georg Henkel
Trackliste |
1 | Dis-Kontur für großes Orchester | 22:44 |
2 |
Lichtzwang – Musik für Violine und Orchester | 18:06 |
3 |
Sub-Kontur für Orchester | 26:42 |
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Besetzung |
János Négyesy, Violine
Sylvain Cambreling – Ernest Bour, Ltg.
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