Victoria, T. L. de. (Cabré - Asensio)
Officium Hebdomadae Sanctae (Rom 1585)
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Info |
Musikrichtung:
Renaissance vokal
VÖ: 01.03.2005
Glossa Music / Note 1 3 CD (AD live 2004) / Best. Nr. GCD 922002
Gesamtspielzeit: 198:15
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SPIRITUELLES RESERVAT
Im 1585 publizierten Officium Hebdomadae Sanctae von Tomás Luis de Victoria hat die geistig-religiöse Erneuerung der katholischen Kirche im Gefolge des Trienter Konzils einen überragenden musikalischen Ausdruck gefunden. Die 37 mehrstimmigen Stücke auf die liturgischen Texte der Karwoche ergeben einen monumentalen Zyklus aus Motetten, Responsorien, Lamentationen, Improperien und zwei Passionen für die Gottesdienste – vor allem das Stundengebet - zwischen Palmsonntag und Karsamstag. Eine große Klarheit der musikalischen Architektur verbindet sich hier mit einer neuen Intensität und Innerlichkeit des Ausdrucks: Rationalität und Mystik. Stilistisch liegt Victoria damit zunächst auf der von Palestrina vorgezeichneten Linie: Die Musik konzentriert sich auf das Wort, sucht bei den Mitteln das klassische Ebenmaß und vermeidet vordergründigen Prunk. Der Verzicht auf eine spekulativ überhöhte, abstrakte Mehrstimmigkeit geht zugunsten einer differenzierten Darstellung des Textes und seiner Affekte. Offensichtlich haben Victoria die Vorlagen, die um die Themen von Umkehr, Buße, Liebe Leiden und Erlösung kreisen, besonders inspiriert – auch den modernen Hörer lassen diese Gesänge nicht unberührt. Große Intensität erreicht der Komponist vor allem in den Klagegesängen auf die Worte des Propheten Jeremias und in den komprimierten Passionsbetrachtungen der Responsorien.
GESAMTEINSPIELUNG
Die hier vorgelegte Gesamteinspielung ist nicht der erste Versuch seiner Art, diesen Zyklus auf Platte zu verewigen, aber wohl der bislang vollständigste und musikalisch gelungenste. Eine Beschränkung ausschließlich auf Victorias mehrstimmige Musik liefe Gefahr, als köstliche Blütenlese von einem schönen Moment zum nächsten zu eilen und die Dramaturgie der „heiligen Dienste“ zu unterschlagen, in der die Musik zuallererst ihren Platz hatte. Eine liturgische Rekonstruktion würde dagegen auch den in diesem Fall mit 3 CDs bereits großzügig gesteckten Rahmen sprengen. So haben die Interpreten für die konzertante Darbietung einen goldenen Mittelweg eingeschlagen und die einzelnen Stücke behutsam kontextualisiert. Integrale Teile der einstimmigen gregorianischen Gesänge wurden mitaufgenommen. Im Fall der Passionen hat man ihren Anteil allerdings so reduziert, dass sie sich mehr wie ein Passepartout um die mehrstimmigen Turbae-Chöre legen.
SYNTHESE GEGLÜCKT
Die Interpretationen des Ensembles La Colombina (Victoria) und der Schola Antiqua (Gregorianik) sind nahezu vollkommen: makellos in der Intonation, betörend sinnlich im Klangbild, bewegend im uneitlen, dafür erfüllten Ausdruck. Die Perfektion ist umso erstaunlicher, als es sich um einen Live-Mitschnitt handelt (es gibt keine Nebengeräusche). Dass eine profane Formation wie die Schola Antiqua Gregorianik inzwischen mit der Andacht eines Mönchschors singt, spricht Bände. Nach den Reformen des II. Vatikanischen Konzils in den 1960er Jahren ist diese Kirchenmusik ebenso wie das Werk Victorias aus der liturgischen Praxis praktisch verschwunden. Ihre neue Heimat hat sie im Konzertrepertoire gefunden. In diesem Sinne sind Produktionen wie die vorliegende janusköpfig: Sie operieren zwischen der ästhetisch ansprechenden Musealisierung einstiger liturgischer Hochkunst auf der einen Seite und der Bewahrung eines spirituellen Reservats gegen die Banalisierung des Religiösen auf der anderen Seite. Dass die Synthese in diesem Fall geglückt ist, macht diese Produktion erst Recht zu einer echten Empfehlung.
Georg Henkel
Trackliste |
CD I 74:28 01-05 Dominica in Ramis Palmarum 06-21 Feria Quinta. In Coena Domini
CD II 74:23 01-19 Feria sexta. In Passione Domini
CD III 49:24 01-17 Sabbato Sancto |
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Besetzung |
La Colombina Ltg. Josep Cabré
Schola Antiqua Ltg. Juan Carlos Asensio
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