Wie kann man nach einem Volksfestbesuch den Tag noch ein wenig niveauvoll ausklingen lassen? Hier meine Vorschläge :
1. Arte bis zum Sendeschluss schauen.
2. Im Kreise mittelloser Philosophen über den Sinn des Lebens diskutieren
3. Einem Prog-Metal-Konzert beiwohnen ?
Wir bevorzugten am kultigen Datum 04.04.04 nach dem Genuss von Geisterbahnen, Zuckerwatte und magischen Häusern letztere Variante und obwohl der vorgesehene Headliner Poverty`s No Crime aus gesundheitlichen Gründen absagen musste, wurde dieser Abend doch noch ein Fest für Augen und vor allem Ohren.
Als Ersatz für den ursprünglichen Hauptact wurde DREAMSCAPE aus München engagiert.
Und dass die Bayern mehr als nur ein Lückenbüsser waren, war schon vorneweg für jeden klar, der wusste das die Süddeutschen dieses Jahr auf dem Prog-Power-Festival V in Atlanta mit so bekannten Kollegen wie
Edguy, Kamelot, Brainstorm, Tad Morose u.v.a.m. auftreten werden.
Im beschaulichen Würzburg startete die Band ihr Set mit dem relativ eingängigen Song
"Changes" und schon da wurde sichtbar, das nicht nur das im Namen der Truppe enthaltene Kürzel
"Dream", eine Parallele zu den grossen Genrekönigen aus Übersee darstellte. Ein Kräftemessen der Sänger beider Kapellen würde DREAMSCAPE zumindest sogar knapp für sich entscheiden, denn
was der optisch wie ein Bruder von Ex-Profiboxer Sven Ottke wirkende Roland Stoll so
vortrug war beinahe nicht von dieser Welt.
Der Rest des Programms bestand aus traditionellem Prog-Metal der Güteklasse A, der Teils recht eingängige Parts beinhaltet, aber auch als Song mutantierte Fingerbrecher zur Schau stellte, die vor allem den Hobbymusikern im Publikum das Wasser im Munde
zusammenlaufen lies. So lies es sich die Band auch nicht nehmen, ein über siebzehnminütiges Stück vom Stapel zu lassen, das aber selbst Nichtmusikern zu keiner Zeit ein Gähnen entlockte und einen Fan sogar so
dermaßen in Ekstase trieb, dass Sänger Roland Stoll die Zuschauer aufklären musste, dass dieser Prog-Metal-Anhänger definitiv nicht vorher für seine Anfeuerungsrufe aus der Dreamscape-Bandkasse bezahlt wurde.
Leider reichte die Zeit dann nicht mehr für eine Zugabe, doch wer wollte konnte anschliessend am Merchandisingstand noch ein Schwätzchen mit den Musikern halten bzw. eine kostenlose Promo-CD abstauben. Uns bleibt den Jungs dann nur viel Glück in Übersee zu wünschen, doch mit so enormen musikalischen Fähigkeiten ist DREAMSCAPE auch für dieses Abenteuer sehr gut gerüstet.
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Etwas leichter verdaulich ging es dann mit den Lokalmatadoren von CRISIS weiter, denn deren neue Stücke
haben durch dezent gehaltenen Nu-Metal-, US-Rock-, und sogar Gothik-Einflüssen ein recht hohes kommerzielles Potential, ohne jedoch zu verleugnen,
dass man aus der Prog-Szene stammt. Auch mit dem neuen Sänger Douglas Engelbrecht hat man, trotz kleiner verzeihlicher Sangesfehler, dank seiner charismatisch rauen
Stimme sicherlich einen Glücksgriff gemacht. Doch auch wenn der US-Boy erst seit kurzen in der Band mitwirkt, macht es ohne Zweifel einen negativen Eindruck, wenn man jeden Text von einem auf dem Bühnenboden bereitgelegten Blatt herunterliest und das obwohl Englisch ja die Muttersprache des Frontmanns ist.
Neben den bereits erwähnten aktuellen Stücken sorgte das Deutsch/Tschechisch/Amerikanische-Gespann mit einem technisch anspruchsvollem Instrumental namens "Storm" und einer Ballade, die nur mit Gesang, Akkustikgitarre und Samples auskam, für Abwechslung. Apropos Samples. Leider hatte die Truppe keinen Live-Keyboarder mit an Bord, doch die eingespielten Sequenzen passten wie die Faust
auf's Auge, auch wenn die Bühne ohne Keyboarder doch etwas leer aussah.
Nach einer Zugabe endete dann das Set der Unterfranken und die Band wurde mit wohlwollenden Ovationen von den Zuschauern verabschiedet. Die Feuertaufe kann man also als
einigermaßen geglückt bezeichnen und wenn die Truppe noch ein wenig Feinarbeit an sich betreibt bzw. versucht die kleinen Fehler ins Land der Vergangenheit zu verbannen, kann man CRISIS schonmal vorsichtig eine rosige Zukunft
prophezeihen.
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Dank des frühen Beginns, um ca. 19.15 Uhr, konnte man schon um 22 Uhr den Heimweg antreten und in folgender Sonntagnacht träumte ich anstatt von Geistern, Süsskram und Zauberern eher von einem leisen Pfeifen in meinem Ohr, doch dieses durch den etwas zu laut abgemischten Sound bedingtes Phänomen war dieser Abend der Musikkünste auf alle Fälle wert.
Manuel Liebler
Internet:
www.dreamscape.de
www.crisis.de
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