Eigentlich sollte sich dieses Album lyrisch komplett mit dem höchstbrisanten
Thema
"Kindesmissbrauch durch Kirchenvertreter" beschäftigen, doch aus Zeitmangel
dieses Konzept
würdig auszuarbeiten, dreht sich nur der offizielle Rausschmeisser
"Unforgivable", der zu
den Highlights dieses Longplayers zählt, um diese Thematik. Besonders
tragischkomisch ist in diesem Zusammenhang das der Mercury-Chor der Schwedischen
Katholischen Kirche an dieser CD teilweise für die Backing-Vocals
verantwortlich waren und dies ist kein Joke eures durchgeknallten MAS-Schreiberlings. Doch
keine Angst, wer meint die
Schweden singen in Zukunft nur noch über Friede, Freude, Eierkuchen, den
muss ich bitter
enttäuschen, denn wie schon in der Vergangenheit ist Gevatter Tod das Thema
Nr.1 bei
Evergrey.
Musikalisch wird schon mit dem durch einen furiosen Gitarrenlauf startenden
Opener "The
Great Deceiver" die Härtegrenze nach oben festgesetzt, während man das
restliche
Songmaterial, ausser den balladesken "I`m Sorry" und "Madness Caught Another
Victim", als
Verschmelzung zwischen Prog- und düsteren Melodicmetal bezeichnen kann.
Besonders der erste
Teil des Longplayers gehört sicher zum Eingängigsten was die Truppe bisher
zustande gebracht
hat, während man sich in der zweiten Hälfte auf entschieden progressivere
Pfade begibt. Als
Anspieltipp von Songs dieser Gangart wäre euch das facettenreiche
"Fragments" wärmstens ans
Herz zu legen. Leider benutzen Evergrey in den Refrains zu oft das Schema,
das die
Hauptaussage des Titels mehrstimmig dargeboten wird und Sänger Tom S.
Englund, bei dessen
emotionaler Gesang man meinen könnte Evergrey sind jenseits des grossen
Teiches beheimatet,
das Thema solo weiterführt. Eigentlich schade, da die Tracks ansonsten vor
Vielseitigkeit
nur so strotzen und zudem noch Welten leichter zu verdauen sind als
teilweise das Material
von Dream Theater oder Symphony X. Auch wenn nicht jeder Song ein Hit vom
Schlage "The Great Deceiver", "Fragments" oder
"Unforgivable" ist, hat man nie das zwanghafte Bedürfnis die Skip-Taste
betätigen zu müssen,
da man direkt Angst verspürt durch diese Aktion aus der magischen Welt
dieses Albums
verstossen zu werden. Besonders die Balladen würden, wenn sie für sich
alleine stünden, bei
mir vielleicht nur ein Schulterzucken verursachen, im Ganzen gesehen jedoch
passen sie
hervorragend in das Feeling von "Recreation Day".
Gutes, vielseitiges Album, das man vor der Investition seiner sauer
verdienten Kröten aber
erst komplett durchgehört haben muss, um sich nicht von irgendwelchen
Extremen in die Irre
leiten zu lassen.
Manuel Liebler
15 von 20 Punkte
Internet: www.evergrey.net