Bei der Wahl der Waffen für sein neues Solo-Album hat Gilby Clarke traditionsbewusst amerikanisch entschieden, den alten Cowboy-Hut aus dem Schrank geholt und blueslastigen Rock mit reichlich Roll im Lauf gewählt. Es gehen dann auch alle elf Schüsse schön sauber ins Ziel, wenn auch nur in Ausnahmefällen (s.u.) wirklich ins Schwarze. In einem Genre, in dem in den letzten 30 Jahren tonnenweise Klassiker eingesemmelt wurden, braucht man "Swag" daher genauso dringend, wie einen Kühlschrank am Polarkreis. Der wesentliche Grund für die Existenzberechtigung dieser Scheibe besteht wohl darin, dass es mächtig Spaß gemacht haben dürfte, die Scheibe einzuspielen.
Erschwerend kommt hinzu, dass dem guten Ex-Gunner für dreckigen Rock´n´Roll einfach der nötige Rotz in der Stimme fehlt. Das kann er zwar streckenweise gut überspielen. Leider kommt das Manko aber gerade beim Opener gleich besonders deutlich zum Tragen.
Wer sich "Swag" von der Schokoladenseite anhören will, wählt die in die 12 gefeuerten Tracks vier bis sechs. Einem echtem Mississippi-Stampfer (Broken down Car), dem ich ohne Scheu das Qualitätslevel der besten Sachen von Omar and the Howlers attestiere, folgt eine wunderbare völlig unpeinliche Ballade (Margarita) mit extrem geringem Kitschfaktor, auf die der folgende treibende Rock´n´Roller "I´m nobody" passt, wie der Eierlikör auf´s Sahne-Häubchen.
Hätte die ganze Scheibe das Niveau dieses Hattricks, oder hätte sich Gilby auf ´ne EP (evtl noch icl des Bowie-Covers "Diamond Dogs") beschränkt, wären viele, viele Punkte fällig geworden. So kann man die Scheibe wohl nur Guns´n´Roses-Fanatikern empfehlen, die auf ´ne neue Scheibe ihre Faves wohl noch bis zur nächsten Jahrtausendwende warten müssen.
Norbert von Fransecky
10 von 20 Punkte
www.gilbyclarke.com