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Musik an sich
 
Dream Theater live in Taiwan!
 

Juhu !!! MUSIKANSICH feiert den ersten Geburtstag. Als kleines Geschenk für die Leser, die mein Geschreibsel nun mit dieser Ausgabe genau ein Jahr lang, Monat für Monat ertragen müssen, hat MUSIKANSICH weder Kosten noch Mühen gescheut euch ein ganz besonderes Live-Review zu bieten.

Dabei geht es weniger um die Performance und die Songs der Prog-Götter DREAM THEATER bei ihrem Auftritt in der Hauptstadt von Taiwan, sondern eher um die exotischen Umstände eines Metal-Konzerts im fernen Osten, die bei hiesigen Konzertgängern garantiert das ein oder andere Grinsen bzw. Schmunzeln verursachen werden.

"Wie bitte ? MUSIKANSICH berichtet von einem Konzert in Taipei ?!? Ist dies ein verspäteter Aprilscherz oder verdienen die mittlerweile durch Werbung so dermassen viel, das sie sich solche Luxustrips aus der Portokasse leisten können ?" werden sich jetzt einige fragen. Leider weder noch, die Lösung ist um einiges unkomplizierter.

Eines schönen Tages erzähle mir Matthias (seines Zeichens auch Teufelskeyboarder bei der Band Long-Run) von einer E-Mail, die er von einer in Taiwan studierenden Bekannten erhalten hatte. Darin schilderte sie ihre Erlebnisse von ebenjenen Dream-Theater-Konzert und diese fazinierten mich so dermassen, dass ich seine Bekannte umgehend kontaktierte und zu einem ausführlichen Bericht jenes Abends nötigte.

Dieser ist ihr auch mehr als gelungen, aber überzeugt am besten selbst. Viel Spass dabei und nun gebe ich ab in den fernen Osten zu Ariane Schroefel.....
MANUEL LIEBLER



Es war so ungefähr 1992, als ich mir ein Konzertvideo von Guns n`Roses gekauft habe - Die "Use your Illusion"-Tour war gerade in vollem Gange und ich mächtig stolz auf mein Video. Aufgenommen wurde es auf der ganzen Welt: Ausgeflippte Metal-Freaks in Europa und Amerika und in Asien - ja, da saßen die Leute damals noch brav auf ihren Sitzplätzen. Und als Slash - an diese Szene erinnere ich mich noch genau - plötzlich von der Bühne springt und durch das Publikum rennt, hetzen ihm voellig verstörte Sicherheitsleute hinterher. Genau diese Szene hatte ich im Kopf, als ich endlich die Karte fuer ein Dream Theater Konzert in Taipei in der Hand hielt. Keine 30 Euro hat mich der Spaß gekostet, und auch wenn Dream Theater nicht mein Favourite sind, für ein Stückchen Europa tut man fast alles, wenn man wie ich seit fast 3 Monaten in Taiwan lebt. Taipei ist zwar schon ein schönes Fleckchen, aber guten Hard Rock findet man hier hoechstens in Undergroundläden, die für Außenstehende nur schwer zu erkennen sind. Und so war ich natürlich froh, als ich das Tourplakat gesehen habe!

Meine Vorfreude sollte allerdings schon bald einen einen Dämpfer bekommen, als man mir sagte, wo das Konzert denn stattfinden sollte: In der "Dr. Sun Yat-Sen Gedenkhalle". Dass sich dort ein Konzertsaal befindet, wusste ich - habe ja schliesslich meinen Reisefueher gelesen - aber dass dort ein Heavy Metal Konzert stattfinden sollte - naja.

Daher zunächst ein Wort zur Location und mal schauen, ob ihr auch aufmerksam Fernsehen geschaut habt: Sagt euch der Filmtitel "Der letzte Kaiser" etwas? Wer den Film kennt und aufgepasst hat, der kennt auch den Namen des Doktors, denn der gute Mann hat in den 20ern den letzten chinesischen Kaiser gestürzt, indem er eine Revolution angefacht hat. Daher gilt er auch als der Staatsgruender von China - nicht etwa Mao, wie viele glauben. Der hat zwar zur selben Zeit gelebt, kam aber viel später an die Macht.

Und weil die Chinesen so mächtig stolz auf ihren Doktor (so wird er liebevoll genannt) sind, haben sie ihm riesige Denkmäler und Gedenkstätten gebaut, aus Dankbarkeit, weil er sie von der grausamen Ching-Dynastie befreit hat. Eine dieser Gedenkstätten steht auch in Taipei und normalerweise blickt der Doktor streng auf die Besucher, die sich um seine gewaltige, von einer Ehrengarde bewachten, Statue versammeln, herab. Der Friede wird dort normalerweise nicht getrübt, ausser am 23. April! An diesem Tag gehörte die Anlage den Metal-Freaks aus Taiwan.

Zusammen mit einem meiner Mitbewohner habe ich mich auf den Weg gemacht - immer die schon erwähnte Szene aus dem Guns n`Roses-Video im Sinn. Wird es ganau so sein? Nein, inzwischen sind 10 Jahre vergangen und nicht einmal in Asien herrscht mehr der Kommunismus!

Und was jetzt kommt, ist uns wirklich so passiert: Ob in der U-Bahn oder beim Rock-Konzert, in Asien stellt man sich ordentlich in Reihen auf, wenn man irgendwo rein will - also zuerst mal am Eingang anstellen. Alles muss schliesslich seine Ordnung haben und Gedränge kommt so gleich gar nicht auf. Die Treppe rauf in den 1. Stock und wieder anstellen - Türe war noch zu. Aus dem Lautsprecher säuselte inzwischen eine freundliche Stimme, dass das Konzert 3 Stunden und 10 Minuten dauern wuerde mit einer 10 minütigen Unterbrechung ... sehr interessant und vor allem auf Englisch!

"Das ist ja ein Konzertsaal", das waren die einzigen Worte meines Mitbewohners, als wir in die Halle gelassen wurden und ich habe nur noch gelacht ... naja, wenigstens mussten wir uns keine Sorgen mehr um die Akkustik machen! Nach einigen Minuten hatten wir dann auch unsere SITZplätze gefunden. Reihe 32 Nummer 12 und 13. (Oh nein, es wird doch nicht so werden wie in den Video!)

Und da sind wir dann gesessen und haben uns nur noch gewundert... denn wir gehörten, so machte es den Anschein, mit zu den ältesten Besuchern des Konzertes. Um uns rum nur Schulkinder in ihren Uniformen... alle ganz brav! Soviel zur ersten Schmunzelei dieses Abends, aber es ging noch weiter: Wieder kam eine freundliche Stimme aus dem Lautsprecher - diesmal nur auf chinesisch - und dann sind alle aufgestanden. Aber ein Blick auf die Uhr hat mir verraten, dass das Konzert erst in 15 Minuten anfangen würde ...

Naja, um nicht die Etikette zu verletzen sind wir also auch aufgestanden und es war so seltsam ruhig im Saal... dann kam eine Musik. "Are they playing something like the national anthem before a concert?", habe ich hilfesuchend per SMS versand und die Antwort kam auf dem Fuß: "You're in Taiwan, Baby!" Danke, du Blödmann, für das "Baby", und dass ich in Taiwan bin, weiß ich schon längst! Aber wie dem auch sei, das mit der Nationalhymne stimmte tatsächlich, denn vor einem Konzert ist das hier anscheinend so üblich. Das war`s jetzt aber dachten wir uns - Jetzt geht das Konzert los und alle bleiben - kein Witz - auf ihren Plätzen sitzen. Keine wilden Rangeleien vor der Bühne, keine Party auf den Rängen... nix! Alle waren ganz anständig und wir haben uns wieder nur gewundert!

Die erste Hälfte des Konzerts war dann auch recht gut und in der Pause haben wir dann garnicht mehr gewusst wo wir jetzt gelandet sind, denn um uns rum sind die Hausaufgaben ausgepackt worden - wieder kein Witz! Das war dann endgültig zu viel... und wir machten uns auf den Weg in Richtung Bühne... man will dem Geschehen ja näher sein. Und wenn einer anfängt, machen das andere nach - auch der Taiwanese ist halt nur ein Herdentier - und dann hat sich die geballte Macht des Publikums in Richtung Bühne aufgemacht... da haben dann auch die Ordner nicht mehr eingegriffen - vorher wurde jeder, der seinen Platz verlassen hat wieder zurück geschickt. Aber auch in Reihe 10 oder so ist keine richtige Konzertstimmung aufgekommen und wir zwei sind ziemlich dumm rumgestanden. Trotzdem war die Musik nicht schlecht - auch wenn die Bühne sehr minimalistisch ausgestattet war - ein winziges Drumkit, sporadische Beleuchtung und Spotlights, die man auch hätte als Taschenlampen bezeichnen können. Dazu Musiker, die sich selber kaum getraut haben, sich auf dieser Bühne - Größe so circa 20 Quadratmeter - zu bewegen.

Zur Playlist möchte ich an dieser Stelle eigentlich nicht viel schreiben - faszinierend nur, dass selbst bei dem einzigen wirklich bekannten Song der Band, "Pull me under", weder wildes Mitgegröhle noch Headbangen angesagt war! Auf den Rängen angestrengtes und braves Zuhören. Sichtlich erstaunt über diese Reaktion auch Vocalist James LaBrie, der fast verzweifelt und vor allem auch vergeblich versuchte, die Menge anzuheizen. Übersieht man die "Schwierigkeiten", die das asiatische Publikum einer Band macht, gibt es an der Show von Mike Portnoy, John Petrucci, Jordan Rudess und John Myung nichts auszusetzen. Auch wenn man bedenkt, dass die Jungs nicht mehr die allerjüngsten sind und vielleicht auch in Folge dessen nicht mehr so beweglich auf der Bühne sind (?) haben sie gezeigt, dass man auch durch das aktuelle Album "Six Degrees of Inner Turbulence" noch mit ihnen rechnen muss. Also unbedingt nach Belgien zum Graspop-Festival oder zu einem der anderen Gigs der Jungs.

Nach tatsächlich 3 Stunden und 10 Minuten war das Konzert dann auch zu Ende und wir sind etwas nachdenklich nach Hause gegangen... Naja, man muss halt alles mal mitmachen!

ARIANE SCHROEFEL

Internet: www.dream-theater.com

P.S. Nochmal ein dickes Dankeschön an Matthias "Zonk" Lenz, seiner besseren Hälfte Martina für die Übermittlung und vor allem Ariane Schroeffel, ohne die dieser Bericht nicht möglich gewesen wäre. THX !!!

 

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