Telemann, G. Ph. (Kallweit)
Pimpinone
LA SERVA PADRONA AN DER ALSTER
Noch vor dem wohl berühmtesten und erfolgreichsten Opern-Intermezzo der Musikgeschicht, Pergolesis "La serva padrona" (1733), bediente Georg Philipp Telemann dasselbe Sujet mit "Pimpinone". Dieses dreiteilige Intermezzo ging 1725 in der Hamburger Oper als kurzweilige Einlage zwischen - man höre und staune - Georg Friedrich Händels "Tamerlano" über die Bühne. Ja, so ein Opernbesuch war seinerzeit ein mindestens halbtägiges Vergnügen und wollte also nicht nur mit ernster Seria-Kost aus der Geschichte oder Götterwelt, sondern auch mit etwas Bodenständigem gewürzt sein. So wartet dann auch der "Pimpinone" mit einer zeitgemäßen Geschichte auf, nämlich jener vom reichen alten Mann, der von der pfiffigen Magd umgarnt, schließlich zur Heirat überredet wird und sich wundert, was er sich damit für einen Ausbund an Emanzipation ins Haus geholt hat. Dabei geht es in diesem 2-Personen-Stück zum Teil recht deftig und unverblümt zu. Einen Einblick in die sozialen Schichten und das Alltagsleben der Hansestadt um 1720 inklusive.
Telemann wusste sehr wohl, in welcher Liga er zu spielen hatte, wenn er sich darauf einließ, ein solches Intermezzo gerade für eine Oper des großen Händel zu komponieren. Insofern entfaltet das muntere Werk bei schlanker Orchesterbesetzung (ausschließlich Streicher) einen erstaunlichen Reiz. Die knapp gehaltenen Arien sind leicht fasslich und dennoch kunstvoll gearbeitet, der Instrumentalpart für ein solches Werk vergleichsweise komplex.
Dennoch steht und fällt ein solches Stück mit den beiden Solisten. Und da haben die Macher ein glückliches Händchen gehabt: Marie-Sophie Pollak gibt mit glockenhell junger Stimme eine freche, selbstbewusste und äußerst spielfreudige Magd Vespetta - perfekt changierend zwischen Liebreiz und weiblichem Selbstbewusstsein. Dominik Köninger mag ein stimmlich noch recht frisch tönender Pimpinone sein, vermag diesem aber durch Gestaltungswillen und Witz beachtliches Profil zu verleihen und entgeht der Versuchung, den Alten als tumben Lustmolch darzustellen.
Die Akademie für Alte Musik Berlin musiziert unter ihrem Leiter Georg Kallweit gewohnt agil, zupackend und vorwärtsdrängend, was nicht wenig dazu beiträgt, dass dieses Intermezzo auch nach 300 Jahren noch vorzügliche Unterhaltung bietet - prickelnd und erfrischend wie ein Pausensekt, dafür aber mit 70 Minuten deutlich nachhaltiger. Es ist ein Jammer, dass die geplante Aufführung bei den Telemann-Festtagen in Magdeburg 2020 coronabedingt ausfallen musste und ein umso größeres Glück, dass das überzeugende Ergebnis der Probenarbeit zumindest auf CD gebannt werden konnte
Sven Kerkhoff
Trackliste |
Pimpinone oder: Die ungleiche Heirat
Komische Intermezzi, TWV 21:15
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Besetzung |
Marie-Sophie Pollak, Sopran: Vespetta
Dominik Köninger, Bariton: Pimpinone
Akademie für Alte Musik Berlin
Georg Kallweit: Ltg.
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