Hans Söllner
Hey Staat!
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Info |
Musikrichtung:
Songwriter / Mundart
VÖ: 16.01.89
(Trikont / Indigo)
Gesamtspielzeit: 44:24
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Auf den ersten Blick ist alles klar. Hans Söllner ist Bayer! Und was für einer. Er singt bayrisch. Er trägt kurze Lederhose mit Edelweiß-Applikationen. Er liebt die Familie und die Natur. Er lebt im Berchtesgardener Land auf dem Land. Ein bayrisches Urviech! Beim zweiten Blick kippt das Bild. Söllner trägt Dreadlocks und mit Vorliebe schwarz-rot-grüne Textilien. Er kifft. Und er liebt es Staat und Politikern verbal in die Fresse zu hauen.
Sein Hey Staat! wird nicht mit der Hand auf dem Herzen ins Publikum geshoutet, sondern mit dem ausgestreckten Mittelfinger. Sein Hey Staat ist keine Ergebenheitsadresse, sondern eine Kampfansage.
Auf Hey Staat! ist nur Hans Söllner, seine Akustikgitarre und sein Publikum zu hören. Aber damit erzeugt er mehr Power als manch eine Rockband.
Söllner kritisiert nicht nur deutlich. Er überzieht immer wieder bis weit über die Grenzen des eigentlich Erträglichen hinaus. Wenn er z.B. in „Die Jenny hot an Job kriagt“ den alltäglichen Rassismus in Deutschland mit dem damaligen (1989) Apartheidsregime in Südafrika gleich setzt, oder im Titelsong die Leistungen des deutschen Sozialstaats völlig ignoriert. Auch die massive Verharmlosung des Drogenkonsums in „Marijuhana für'n Herrn Zimmermann“ war schon 1989 nicht mehr mit den Kenntnissen über die (Spät)folgen des Haschischkonsums zu vereinbaren.
Aber es macht einfach Spaß dem oft pubertären Gebolze zuzuhören, wenn er z.B. im Opener eine richtig schöne Karikatur des zum Touristen mutierten deutschen Herrenmenschen serviert oder in „Aba olle samme Wixa“ diverse Arten von Wichsen differenziert, um den damaligen CDU-Generalsekretär Heiner Geisler zum geistigen Wixer zu erklären.
Seine häufigen direkten persönlichen Angriffe auf konkrete Politiker hatten bereits ihre Folgen gehabt. Darauf spielt Söllner in der Ansage zu „Marijuhana für'n Herrn Zimmermann“ an. Er müsse jetzt vorsichtig sein, was er noch sagt, erklärt er. Er habe schon mal mitgerechnet und sei jetzt schon bei 4.500 DM. Er müsse jetzt aufpassen, damit am Ende des Abends von der Gage noch genug für das Benzin für die Rückfahrt übrig bleibe. Söllner hatte nämlich bereits – bei Androhung von Strafgeldern – das Verbot bekommen, bestimmte seiner Lieder öffentlich aufzuführen.
Herrlich umgeht er dieses Verbot bei „Der Huaba“, wo er – so wörtlich in der Ansage - den Werdegang eines bayrischen Hubers „vom kleinen Dorfdepp zum riesengroßen Vollidioten“ beschreibt. „Gut Huaba, des hast schön gmacht“ lautet der Refrain, mit dem er die einzelnen Schritte des Werdegangs eines rechten Politikers ironisch kommentiert, der die Jugend immer mehr zum rechtsradikalen Denken verführt. Im letzten Durchgang dreht er den Refrain dann um, womit er inhaltlich nichts verändert. Aber wenn es dann heißt „Schön Huaba, des hast gut gmacht.“ hörte damals natürlich jeder den Namen von Franz Schönhuber, damalige Hoffnungsgestalt der extremen Rechten, dem es dann auch tatsächlich gelang seine Partei Die Republikaner 1989 mit 7,5 % ins Berliner Abgeordnetenhaus und 1992 und 1996 mit 10,9 % bzw. 9,1 % in den Landtag von Baden-Württemberg zu führen.
Ein starkes aufrechtes Album eines unbeugsamen deutschen Rastas, der ein wenig wie der „Angry young Man“ wirkt, den Billy Joel auf seinem Album Turnstiles beschreibt, das ebenfalls in dieser Ausgabe besprochen wird. In der Endabrechnung kann es dafür angesichts der starken Verzeichnung der Realität maximal(!) die unten stehenden 16 Punkte geben.
Norbert von Fransecky
Trackliste |
1 | Der deutsche Tourist (Mei Nega) | 2:47 |
2 | Mir san nu so richtige Bayern | 5:21 |
3 | Marijuhana für'n Herrn Zimmermann (Für die Mama) | 5:25 |
4 | Ein Lied für Berechtesgaden | 3:31 |
5 | Der Huaba | 4:24 |
6 | Aba olle samme Wixa | 5:33 |
7 | Die Jenny hot an Job kriagt | 4:01 |
8 | Hey Staat! | 6:57 |
9 | I mechat so gern | 6:08 |
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Besetzung |
Hans Söllner (Voc, Git)
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