Interview mit Brett: Es geht um die Energie, die wir als Band kreieren
Mit WutKitsch hat einer der interessantesten Newcomer in Sachen „deutschsprachige Rockmusik“ vor kurzem sein Debütalbum veröffentlicht. Hier gibt es keine Gefühlsduseleien, keine pathetischen Texte mit G’schmäckle über Ehrlichkeit, Treue und Vaterlandsliebe. Nein, mit schnodderiger Stimme singt Frontmann Max Reckleben kritische Texte in geschmacksuniformen Zeiten – aber auch persönliche. Worte mit Wut, aber so sozusagen auch „Kitsch“ – über Liebe, Vermissen oder Verlassen. Musikalisch gibt es eigenwilligen, klischeefreien Indie-Sound mit der Wucht einer Stoner-Band, der Einflüsse aus den 60ern und 70ern sowie eine große Ladung Lässigkeit und mitreißende Wucht vereint. Ein Sound der Szenen zusammenbringen dürfte. Wir baten Max, ein bisschen über seine Band zu erzählen. Fangen wir doch mal mit dem Naheliegenden an: Brett, ein knackiger kurze Name. Woher kommt’s? Klingt ja eher wie aus einer wie aus einer ausgelassenen Laune heraus geboren. Die Sache ist ehrlich gesagt wirklich eher einer Laune entsprungen, als fundiertem Nachforschen. Wäre bei dem Namen ja auch schlimm, wenn es anders herum gelaufen wäre. Wir haben uns ein paar Wochen mit der Namensfindung rumgeschlagen und dabei unseren Produzenten entnervt, der eines Tages mit „Brett“ um die Ecke kam, wahrscheinlich um uns zu ärgern und wir haben's gefressen. Wenn Du schon vom Produzenten sprichst: Mit Produzent Franz Plasa (u.a. Selig, Rio Reiser, Udo Lindenberg) habt ihr einen prominenten Förderer. Wie kam es dazu? Ist er vielleicht schon so etwas wie das fünfte Brett-Mitglied? Wir verstehen ihn als Teil der Band – das kann man so sagen. Er unterstützt uns wo er nur kann. Es ist schon ein Privileg, jemanden mit so viel Erfahrung und einem großartigen Studio an seiner Seite zu wissen. Wir haben ihn vor ein paar Jahren zu einem Showcase, das wir gespielt haben, eingeladen. Er hat sich das Konzert nicht angesehen und als wir ihn anriefen, um ihn zu fragen, wie er es fand hat er uns wohl aus Verlegenheit ins Studio eingeladen. Ich denke, er hatte lange keine Band mehr gesehen, die miteinander spielen kann und so sind wir einfach nie mehr gegangen. Stand von Anfang an fest es auf Deutsch zu machen? Ist es nicht eine größere Herausforderung in seiner Muttersprache zu singen? Bei Englisch rutschen etwaige textliche Unzulänglichkeiten ja etwas schneller durch, weil man es nicht so leicht versteht. Nein, wir haben unseren musikalischen Vorbildern entsprechend lange auf Englisch getextet. Allerdings wurde das Gefühl dringlicher in uns, dem instrumentalen Fundament textliche Relevanz entgegenzusetzen. Wir hatten schon Angst davor, uns auf das Experiment „deutsch“ einzulassen. Franz hat uns da ermutigt und letztendlich hat die erste Brett-Nummer „Kollisionen von Millionen“ großartig für uns funktioniert und seitdem haben wir nie mehr zurück geblickt. Du setzt Dich in den Texten deutlich mit Deiner Umwelt und der Gesellschaft auseinander. Brett sind aber keine direkt politisch Band. Kann man es sich als deutschsprachige Band in der Zeit eigentlich noch leisten nicht politisch zu sein? Wir stören uns an dem Begriff „politisch“ im Kontext deutscher Musik. Der hängt sich in dem Zusammenhang immer an denselben Extremen auf: links und rechts. Man rutscht als Band schnell in diese Schublade und kommt dann nicht mehr raus aus der Nummer. Setzt man „politisch“ synonym mit dem Begriff Meinung, dann sind wir eine politische Band. Und seine Meinung sollte man in geschmacksuniformen Zeiten wie diesen definitiv äußern. Von Euch gibt’s viele Performance-/Live- bzw. Session-Videos auf im Internet zu sehen. Das Livespielen scheint euch allgemein einen besonders hohen Stellenwert zu haben. Seht ihr euch eher als Live-, denn als Studioband? Ist das Schreiben und Einspielen von Songs mehr die Pflicht und die Auftritte die Kür? Wir sind situativ sowohl das eine als auch das andere. Exklusiv nur eine Sache zu machen würde sich dann auch nicht Ganz anfühlen. Tatsächlich geht es im Endeffekt aber um die Energie, die wir als Band kreieren, zumindest in unserem Verständnis und die kann man am besten auf einem Live Konzert aufgreifen und mit den Leuten teilen. Das ist für uns auch der USP (unique selling point, Alleinstellungsmerkmal – Anm.d.Red.) von Bandmusik, und speziell unserer. Das kriegt ein Trap-Dude live eben nicht so aufs Parkett.
Da hast du die Frage ja im Prinzip schon in der Frage beantwortet. Gitarren-Rock hat definitiv ein Identitäts- und Innovationsproblem. Auch in anderen Genres wurde jeder Ton schon einmal gespielt, aber Musik ist Sound und der muss sich entwickeln und frisch bleiben können. Das ist unserer Meinung nach in den seltensten Fällen in der Welt der Gitarre in den letzten Jahren gelungen. Vermutlich auch, weil es gar nicht der Anspruch ist. Und dann stirbt so etwas eben. Euer Sound klingt modern und doch hört man immer wieder die alte Rockschule heraus. Led Zeppelin und die Strokes würde ich da mal in den Raum werfen. Vorbilder, ja oder nein? Tatsächlich sind die Strokes und Zeppelin zwei helle Sterne am Vorbilder-Firmament und auch teilweise der Grund warum wir angefangen haben Musik zu machen. Am Ende ist so ein Weg als Band nicht ernsthaft an den Weg eines Idols angelehnt. Dafür passiert zwischendrin zu viel und zu unerwartet, als das man da sinnvoll schablonisieren könnte. Das wäre auf Dauer auch anstrengend. Mit der zweiten Brett-EP habt ihr bei der Plattenfirma Chimperator unterschreiben, was mich ziemlich überrascht hat. Fühlt man sich wohl zwischen Acts wie den Orsons, Cro oder Teesy, die man eher im Hip-Hop-Lager verorten würde? Ihr seid da ja schon so etwas wie die Exoten. Wir haben eigentlich genau deswegen bei den Chimps unterschrieben, weil wir die ausgemachten Exoten in deren Portfolio sind. Auf der anderen Seite des Tisches ging der Impuls in eine ähnliche Richtung. Das hat sich gut angefühlt und deswegen sind wir heute Teil der kleinen Chimperator-Familie. Mit der Hebebühne habt ihr im Hamburger Stadtteil Ottensen euer eigenes Probehauptquartier geschaffen. Wie kommt man auf diese doch etwas verrückte Idee so etwas selbst aufzuziehen? Vorwiegend entstand die Idee, weil es besonders schwer ist in Hamburg adäquate Gebäude zu finden. Große Stadt, viele Künstler, wenig Platz. Das wollten wir ändern und eine neue Farbe für die Szene hinzufügen. Nach 2 ½ Jahren kaputt Hauen, Renovieren und Bauen arbeiten wir auf zwei Etagen mit über 25 Parteien zusammen, die hier proben, werkeln, basteln, im Büro sitzen usw. Wo siehst Du ihr Brett in fünf Jahren? Als gute Firma braucht man schließlich immer einen guten Business-Plan. Hoffentlich immer noch am Interviews schreiben. Denn das würde bedeuten, die Nummer interessiert noch irgendwen. Mario Karl |
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