Thomas Felder
Von Wegen
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Whyl, Gorleben, Kalkar, Stuttgart 21
Wenn man sich dieses noch aktuelle Album des Liedermachers Thomas Felder anhört, dann switcht man emotional zurück in die Zeit, in der die Grünen noch eine im Entstehen begriffene Provokation waren, in der die außerparlamentarische Opposition noch das Monopol auf die Anti-AKW-, Abrüstungs- und Umweltpolitik hatte.
So spannt sich Von Wegen (ein schönes Wortspiel!) inhaltlich vom Walter Mossmann-Cover „Lied vom Lebensvogel“ aus der Gorleben-Zeit bis zum aktuellen Protest gegen den Bahnhofsneubau in Stuttgart. Um die musikalischen Einflüsse auszumachen, braucht man kaum über die 70er Jahre hinauszugehen. Und wie in den frühen „Öko“-Jahren ist auch Felder der Inhalt eindeutig wichtiger, als die Perfektion der Darbietung. Hier ist „Selbstgestricktes“ mit kleinen Fehlern eher ein Zeichen von Natürlichkeit und Leben, als ein Produktionsmangel.
Felder gefällt sich ganz offenbar in der Rolle des unwillkommenen Propheten, der den Mächtigen und ihren Mitläufern in alttestamentarischer Strenge die Leviten liest.
Musterbeispiel dafür ist „Ich hab das alles mitgemacht“. Die erste Hälfte ist ein Lied von Bernhard Lassahn, in dem dieser sich von einem Leben als Mitläufer immer wieder distanziert. Die zweite Hälfte stammt dann von Thomas Felder. Hier legt er Winfried Kretschmann, dem grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg Worte in den Mund, die ihn ebenfalls zum Mitläufer machen, der die grünen Ideale, die ihn an die Macht gebracht haben, eben um dieser Willen verraten hat.
Ob man das für starrsinnig oder konsequent, fundamentalistisch oder radikal, ewig gestrig oder unkorrumpiert hält, ist wohl Geschmackssache.
Das Ganze könnte sympathisch wirken, wenn es nicht so verbohrt klänge. Was Felder zu fehlen scheint, ist der Humor und ein Stück Selbstdistanz. Das lässt ihn leicht zum altbackenen und auch selbstgerechten Moralisten verkommen.
Aber das gilt nur für die CD! Der Mann hat Humor und zwar reichlich. Ich hatte das Vergnügen ihn im Rahmen eines privaten Auftritts anlässlich der Pensionierung seiner Schwester live zu erleben. Und es war ein Wahnsinn! Er leitete die Songs immer wieder mit dem selbstironischem Witz ein, der die Strenge der CD bricht und ein Zuhören ermöglichte, das nicht gleich nach Widerspruch oder Korrektur schreit.
Schön, dass es knorrige Bäume wie Thomas Felder heute noch gibt. Geht auf seine Homepage und checkt den nächsten Live-Termin. Danach werdet Ihr, wie ich vor ein paar Wochen, den Wunsch nach einer Thomas Felder-CD haben!
Ach ja – eins zum Schluss: Bei einigen Stücken wird es Kommunikationsprobleme geben, da Felder immer wieder einmal rücksichtslos schwäbelt.
Norbert von Fransecky
Trackliste |
1 | Schaffa muasch | 2:51 |
2 |
Soodomm | 4:07 |
3 |
Wanderlied | 4:49 |
4 |
Rose-Marie | 6:56 |
5 |
Engel aufam Turm | 4:57 |
6 |
Lied vom Lebensvogel | 8:49 |
7 |
Ich hab das alles mitgemacht | 11:19 |
8 |
So wie der Wal | 6:24 |
9 |
Alter Weg | 5:26 |
10 |
Die drei Zigeuner | 3:31 |
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Besetzung |
Thomas Felder (Voc, Klavier, Git, B, Dr,Orgel,Drehleier, Posaune)
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