Beethoven, L. v. (Brautigam)
Eroica. Variationen (1796-1802) – Sämtliche Werke für Klavier XI
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Info |
Musikrichtung:
Klassik Klavier
VÖ: 05.03.2012
(BIS / Klassik Center / SACD 2011 / Best. Nr. BIS-SACD-1673)
Gesamtspielzeit: 72:16
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BRILLANTES FINGERTHEATER
Eine ganze Platte mit Variationen? Von Beethoven (immerhin)? – Das mag zunächst etwas Sorge ob der immer gleichen Form bereiten. Aber es geht wunderbar auf. Erstens beweist Beethoven hier häufig einen ganz ausgesprochen launigen Witz. Und zweitens lässt Ronald Brautigam die Hämmerchen der exzellenten Fortepianos tanzen, dass es eine Freude ist. Diese Zyklen erweisen sich als herrlich ungezwungene Spielmusik, bei denen das Ausgangsmaterial mit oft übermütiger Fantasie durch alle möglichen emotionalen Aggregatzustände gejagt wird. Die manchmal gar nicht sonderlich originellen Themen, die Beethoven gerne den erfolgreichen Kollegen stibitzte, werden so auf espritreiche Höhen gebracht. Dass das Wiener Publikum seinerzeit von den derwischartigen Attacken und fingerbrecherischen Sprüngen der Zehn Variationen über La stetta, la stessissima erschreckt wurde, mag man gerne glauben. Was damals kritisiert wurde - Schroffheiten und Brüche -, ist heute Ausweis für die Qualität der Musik, die sich von der gefälligen Dutzendware wohltuend abhebt.
Wie Brautigam die Farben und Akzentuierungsmöglichkeiten seines Instrumentariums ausreizt, ist exemplarisch: feurig blitzend hier, versponnen dort, dann wieder mit überdrehten Figurationen sprunghaft auftrumpfend. Dieser vitale, ausgelassene Zug, der in der Musik steckt wird vom Interpreten auch in den anderen Stücken auf das schönste herausgespielt: ein brillantes Fingertheater mit Tiefgang!
Von den hier präsentierten Stücken ist nur das große Finale mit den fünfzehn Eroica Variationen ein Werk mit Opuszahl. Dieser Zyklus läuft über verschiedene überraschungsreiche, dynamische Extreme nicht verschmähende Episoden auf einen dramatischen Schluss zu, den Beethoven mit einer Fuge und kraftvoller Chromatik reich ausgestattet hat. Brautigam zieht die Schrauben bei diesem Stück langsam an, genießt das anfängliche Spiel mit plötzlichen Einwürfen und enttäuschten Erwartungen, bis er es dann immer heftiger, aber nie unkontrolliert auf der Klaviatur stürmen lässt. Die stilleren Momente heben sich vor diesem Hintergrund umso eindrücklicher ab; hier darf die Zeit dann gerne auch einmal stillstehen und der Klang sich ganz auf sorgsam ausgestaltete einzelne Linien zurückziehen.
Exemplarisch, wie die Klarheit des nachgebauten Graf-Flügels diesen Zyklus in bestechender Prägnanz erklingen lässt. Gerade weil Beethoven an die Grenzen des Instruments geht, erweist es sich für seine Intentionen als höchst geeignet. Man darf sich auf die nächste Folge mit den großen „Diabelli-Variationen“ freuen.
Georg Henkel
Trackliste |
1 | Zwölf Variationen WoO 71 | 9:36 |
2 |
Acht Variationen WoO 72 | 6:07 |
3 |
Zehn Variationen WoO 73 | 9:23 |
4 |
Sieben Variationen WoO 75 | 10:15 |
5 |
Ach Variationen WoO 76 | 8:02 |
6 |
Sechs Variationen WoO 77 | 7:08 |
7 |
Fünfzehn Variationen Op. 35 | 21:45 |
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Besetzung |
Roland Brautigam: Hammerklaviere
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