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Mark Evans - Biografie eines "vergessenen" AC/DC-Bassisten
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AC/DC sind nicht gerade dafür bekannt, viel über ihr Privatleben bekannt zu geben - die unter anderem bislang erhältlichen Biografien AC/DC - Maximum Rock'n'Roll, AC/DC - Die Biografie oder der der opulente Bildband AC/DC High Voltage - Rock'N'Roll: Die ultimative Bildbiografie berichten zwar ausführlich über die Band, deren Konzerte und Alben, aber wenig persönliches über die Bandmitglieder. Und wer hoffte, dass sich dies mit der "Auto"-Biografie von Brian Johnson (Rock auf der Überholspur - Eine automobile Autobiographie) ändert, wurde eher enttäuscht, denn hier geht es wirklich nur um Autos und so gut wie gar nicht um AC/DC...
Doch nun meldet sich doch noch ein ehemaliges Bandmitglied mit seinen Erinnerungen zu Wort: Mark Evans. Er war nur in der Anfangszeit in der Band, aber immerhin doch für volle zwei Jahre (März 1975 - April 1977) und auf drei Alben am Bass zu hören: T.N.T. (australische Version, die zum großen Teil dann auch auf der internationalen Version von High Voltage zu hören ist), Dirty Deeds Done Dirt Cheap und Let There Be Rock. Während einer Europa-Tour und vor einer geplatzten USA-Tour wurde er schließlich durch Cliff Williams ersetzt. Die wirklich große Zeit von AC/DC hat Evans, der übrigens nur zufällig den gleichen Nachnamen trägt wie der erste Sänger der Band, somit verpasst, hat aber eben den stilprägenden Anfang begleiten dürfen. In Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC berichtet er ausführlich über diese Phase, daher dürfte das Buch ein Muss für AC/DC-Fans sein.
Der Originaltitel des Buches Dirty Deeds: My Life Inside/Outside of AC/DC hört sich etwas ansprechender an als der etwas plakative deutsche Titel, er ist aber schon treffend, da tatsächlich fast nur die zwei AC/DC-Jahre ausführlich behandelt werden; die wenigen Jahre zuvor (Kindheit, Angestellter im öffentlichen Dienst) und die fast 35 Jahre nach seinem unfreiwilligem Ausstieg (mehrere Bands ohne durchschlagenden Erfolg, Handel mit Traditionsgitarren) werden mit Ausnahme des tragischen Todes einer Tochter von ihm mehr oder weniger kurz abgehandelt, was aber in Ordnung geht, da Käufer dieses Buches sich wohl vor allem für diese zwei Jahre interessieren werden.
Es muss schon irgendwie sehr bitter sein, wenn man zwei Jahre Bassist von AC/DC war, drei Alben aufnimmt, fast ständig auf (Ochsen-)Tour ist und dann abgeschossen wird, obwohl man sich sehr mit dieser Band identifiziert hatte und auch hinter der Musik stand. Und wenn man sich dann als entlassenes Ex-Mitglied nur zwei Jahre später ansehen muss, wie AC/DC mit Highway to Hell und anschließend mit Back In Black künstlerisch und kommerziell international so richtig durchstarten, könnte man fast erwarten, in dieser Biografie eine verbitterte Abrechnung und peinliche Enthüllungen, ob nun nachprüfbar oder nicht, vorzufinden. Doch dies ist glücklicherweise nicht der Fall. Man hat nicht das Gefühl, dass dieses Buch aus Gründen der Wichtigtuerei oder aus Geldsorgen heraus entstanden ist. Trotz des Rausschmisses aus der Band durch die Young-Brüder tritt Evans nicht nach, sondern berichtet nüchtern mit Anstand und Abstand.
Das Buch ist fair und anscheinend neutral geraten, zumindest mehr als man es erwartet hätte. Man erfährt zwar, dass AC/DC sicherlich in keiner Weise eine demokratische Band waren und hier die etwas unnahbaren Young-Brüder eindeutig die (Schul-)Hosen anhatten, aber dies ist eigentlich nicht neu und überrascht auch nicht. Doch obwohl Bassist und Schlagzeuger in der Hackordnung eher den Status von Angestellten hatten, beschreibt Mark Evans seine Zeit doch immer als Mitglied dieser Band. Es wird keine schmutzige Wäsche gewaschen und spektakuläre Anekdoten sind eher selten - man findet doch deutlicher weniger Schlägereien, Frauen und Drogen als es der deutsche Titel oder der Pressetext suggeriert. Von anderen Bands hat man da jedenfalls schon heftigeres (oder vielleicht auch nur übertriebeneres) gelesen, was unter anderem auch an der völligen Drogen- und Alkoholabstinenz von Angus Young liegen mag. In den Schlusskapiteln werden noch ganz am Rande juristische Rangeleien zwischen Evans und dem Rest der Band (mit dem er ansonsten übrigens seit 30 Jahren keinerlei Kontakt mehr hatte) erwähnt, leider ohne nähere Erläuterungen - höchstwahrscheinlich wird es um monetäre Dinge gegangen sein, doch Details wären hier interessant gewesen.
Fazit: Ein Buch wie ein AC/DC-Song: nicht übermäßig kompliziert, einfach und schnell konsumiert, gerade heraus, aber gut! Fans dürfen gerne zugreifen, da es das erste Buch eines Bandmitglieds über AC/DC ist.
Jürgen Weber
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