Primal Scream
Screamadelica (Re-Release)
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Kommt man auf die besten britischen Alben der Neunziger zu sprechen, fällt irgendwann der Name Screamadelica. Dieses dritte Album der Band Primal Scream rief zumindest auf seiner Inselheimat einen riesigen Hype hervor, der kurz vorher auch schon das Debütalbum der Stone Roses überrollte. Was es damals darauf zu hören gab, war auch recht einzigartig und man konnte die Entwicklung der Gruppe, die als mehr oder weniger typische Indierock-Band der 80er startete, gar nicht wirklich erahnen. Bandkopf Bobby Gillespie (vorher The Jesus and Mary Chain) & Co. ließen sich stark von der damaligen Acid House- und Manchester Raveszene beeindrucken und addierten ihrem Rocksound einen großen Batzen Psychedelik und jede Menge elektronische Ästhetik hinzu. Und so gibt es neben ein paar typischen Rocksongs auf Screamadelica auch jede Menge ausladende Stücke, welche sicherlich so einige Tanzflächen zum Kochen brachten.
Passend zum 20-jährigen Jubiläum der Platte kommt das gute Stück als Jubelausgabe neu in den Handel. In der Standardausgabe umfasst das Ganze die von My Bloody Valentine-Vorsteher Kevin Shields remasterte Ausgabe von Screamadelica, sowie die vergriffene EP The dixy Narco mit drei Non-Albumtracks. Wer als Sammler gerne etwas mehr Geld ausgeben möchte, kann zur Luxusausgabe greifen, welche neben den beiden normalen CDs auch noch ein 1992 in L.A. aufgenommenes Livealbum, eine CD mit anderen Mixen, eine Making of-DVD, sowie das Originalalbum auf Doppel-LP enthält.
Was auffällt, ist dass das Album trotz seiner teilweise antiquierten (Elektro-)Sounds trotzdem relativ gut gealtert ist und immer noch eine recht ausgelassene Stimmung verbreitet. Ein Titel wie das sehr an den Italo House-Stil angelehnte „Don't fight it feel it“ wirkt zwar schon etwas überaltert, aber das lässig treibende „Loaded“ oder insbesondere das aufputschende „Come together“ reißen auch heute noch mit. Echte Songs sind das natürlich nicht. Das sind dagegen die lockere Eröffnung „Movin' on up“ und die entspannte Ballade „Damaged“, welche neben Primal Screams Wurzeln bei alten Bands wie den Rolling Stones, auch eine gewisse Soulschlagseite zeigen und ein derber Kontrast zu den teilweise bekifft wirkenden Dancesounds sind. Apropos bekifft: Titel wie das 13th Floor Elevaters-Cover „Slip inside this house“ oder „Higher than the sun“ dürften nicht unwesentlich unter Drogeneinfluss entstanden sein. Generell durchweht die ganze Platte ein leichter dampfiger Nebel.
Neben der Band selbst, die ihren Sounds hier und dort auch mal mit Sitar- und Bläserklängen, Gospelgesängen und so einigem mehr anfütterte, hatten sicherlich auch die beiden Produzenten Andrew Weatherhall und Terry Farley, die beide bei der DJ-Szene entstammen, einen großen Anteil am Gesamtsound. Und so wimmelt es hier auch an allen Ecken und Enden vom Samples und Effekten. Das ist auch ein Grund, dass Screamadelica an sich nichts für reine Rockfans ist. Denn das Album ist auch alles andere als ein typisches Rockalbum. Eine Art kleiner Meilenstein ist es zweifellos. Primal Scream selbst ließen drei Jahre danach eine reine Classic Rock-Platte folgen und sprangen auch in den Folgejahren munter zwischen den Stilen umher. Bei uns bekamen sie dadurch nicht wirklich ein Bein auf den Boden. Und schon damals stand der nächste Trend namens Britpop kurz bevor, der in Zentraleuropa ganz andere Wellen schlug. Aber das ist bekanntlich eine andere Geschichte...
Mario Karl
Trackliste |
CD1: Re-mastered album
1. Movin‘ on up (3:51)
2. Slip inside this house (5:16)
3. Don’t fight it, feel it (6:54)
4. Higher than the sun (3:38)
5. Inner flight (5:01)
6. Come together (10:25)
7. Loaded (7:02)
8. Damaged (5:39)
9. I’m comin’ down (6:01)
10. Higher than the sun (A dub symphony in two parts) (7:38)
11. Shine like stars (3:47)
CD2: The dixy narco EP
1. Movin’ on up (3:48)
2. Stone my soul (3:02)
3. Carry me home (5:16)
4. Screamadelica (10:49) |
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