Beethoven, L. v. (Schoonderwoerd)
Klavierkonzerte Nr. 1 & 2
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Info |
Musikrichtung:
Klassik Konzert
VÖ: 01.03.2010
(Alpha / Note 1 CD / DDD / 2008 / Best. Nr. Alpha 152)
Gesamtspielzeit: 59:33
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DURCHBRUCH
Die erste Einspielung mit Klavierkonzerten Ludwig van Beethovens durch Paul Schoonderwood und sein solistisches Orchester Cristofori hatte ich vor allem wegen des ungewohnt dünnen (schrammelnden) Streicherklangs als zwar interessante, aber nicht befriedigende interpretatorische Sackgasse empfunden. Bei der zweiten Folge brach dann aber das Eis – und die dritte mit dem 1. und 2. Klavierkonzert hat mich nun gänzlich überzeugt, so dass ich auch die erste CD inzwischen mit „neuen Ohren“ höre.
Auch wenn sich die kammermusikalische Besetzung von Beethovens großen Werken nicht in allen Fällen anhand historischer Aufführungen belegen lässt, so war sie zumindest eine Option. Unter anderem erlebte die 3. Sinfonie in einer solchen Fassung ihre Premiere. Entscheidend für die Besetzungsstärke in der Klassik waren offenbar der Anlass und der Raum, der bespielt wurde. Man denke nur an die unterschiedlichen Formate, in denen Haydn seine „Schöpfung“ aufgeführt hat!
Wenn es sich um ein intimeres Adelspalais handelte, konnte das Ensemble auch entsprechend klein sein, was sich vor allem auf die Streicherbesetzung auswirkte. Da agierte dann bei Beethoven nur ein Quintett oder Sextett, was aber ausreichte, um alle Stimmen der Partitur zu realisieren. Holz- und Blechbläser traten in der normalen Stärke an, d. h. mehrheitlich in zweifacher Besetzung. Das verschiebt die Klangbalance freilich gehörig.
Dies aber sind im Grunde rein technische Details. Entscheidender ist: Was machen die Interpreten aus ihren Mitteln? Im Fall von Schoonderwoerd und Cristofori gilt erneut: Sie zaubern aus Beethovens ersten beiden Klavierkonzerten farbige Gärten voll ungewöhnlicher musikalischer Perspektiven. Schon die dynamischen Kontraste zwischen dem „Klaviersextett“, mit dem das 1. Konzert anhebt und dem ersten volltönenden Einfall des Bläsertuttis gibt es in konventionellen Einspielungen so nie zu hören. Ein echter „chock“! Wobei die Akustik dabei fast schon wieder zu direkt und präsent eingefangen ist. Das führt im Forte und zusammen mit den Pauken zu einem recht harten Gesamtklang.
Nebenstimmen in den Holzbläsern, die von Beethoven freilich so gar nicht als Nebensache behandelt werden, treten jetzt angemessen hervor und kolorieren das Klangbild mit immer neuen Wendungen. Was für eine Fülle von Einfällen kann man hier entdecken! Und was für einen Humor! Man hört das Temperament eines jungen, aufstrebenden Genies, aber keine grimme Tragik. Und auch nicht jenen moralisch-ethischen Impetus, der Beethovens Musik zwar erhaben, aber auch schnell dröhnend wirken lässt.
Im langsamen Satz des 1. Konzerts entdeckt Schoonderwoerd in der Ländlerepisode gar einen veritablen Vorgänger des Walzers. Gut vorstellbar, dass seinerzeit das nicht besonders disziplinierte Wiener Publikum in diesem Augenblick dann doch mal den Mund zugemacht und irritiert-belustigt gelauscht hat. Diese volkstümliche Seite der Musik verschwindet sonst meistens hinter hehrer klassizistischer Stilisierung. Bei Schoonderwoerd ist sie ständig präsent, dafür sorgt auch der resonanzreiche Nachbau Walter-Flügels. Das Original stammt aus dem Jahre 1800. Fagott, Hackbrett, Glockenspiel – all diese Klangfarben stecken in diesem Instrument. Sein Solo-Part erscheint einmal nicht triumphal als herrisches oder virtuoses Gegenüber zum Orchester, sondern eingebunden in den orchestralen Organismus. Also: Auf zur 3. Sinfonie, Cristoforis!
Georg Henkel
Trackliste |
01-03 Klavierkonzert Nr. 1
04-05 Klavierkonzert Nr. 2 |
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Besetzung |
Arthur Schoonderwoerd: Nachbau eines Hammerklaviers von Anton Walter, 1800
Cristofori (Konzertmeister: Luigi de Filippi)
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