Crooked Roads
Love, again
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Die Band Crooked Roads ist in Europa relativ unbekannt. Einen Anteil daran mag haben, dass man ihre Musik nicht in den Billboard-Charts hören wird und (leider) fast ausschließlich die Interpreten sich einen Namen in Europa machen, die durch Chartplatzierungen berühmt wurden. Das Herz der amerikanischen Band ist Chris Dingman, der alle Songs dieses Albums komponiert, getextet und gesungen hat. Dies verwundert angesichts der stilistischen Breite, die diese Band aufzuweisen hat. Entweder hat Dingman so viele Seelen in seiner Brust oder er ist ein musikalisches Chamäleon. Im einzelnen: Beim Opener "The wait" werden sofort Parallelen zu REM gezogen, denn der Gesang vor einem Background aus Gitarren, Drums und Piano erinnert stark an die Band um Michael Stipe. Auf der Homepage der Band ist dann auch zu lesen, dass sie die Bandbreite von REM bis zum Bakersfield Country abdecken wollen, mit vielen Haltepunkten auf dem Weg dahin. Den Startpunkt haben wir aber schon beim ersten Titel gefunden. Der zweite Titel "All of life´s loneliness" scheint aber irgendwo auf freier Strecke zu liegen, denn vor einer ruhigen Orgel und einer Akustikgitarre hört sich Chris Dingman an wie ein Straßensänger, der mit einem Schild "Sing for food" vor sich in der Fußgängerzone hockt und über die Welt klagt. Und die Saiten der Fiddle, die sich gelegentlich einmischen darf, wirken nicht gestrichen sondern anscheinend gebürstet. Ist es eine Frechheit, ein so lieblos produziert wirkendes Lied aufzunehmen, oder wurde hier die Atmosphäre geschaffen, die dieses Lied braucht? Das Stilelement des Sängers, der nach ein paar Runden in der Kneipe zur Gitarre greift, um die Gäste zu unterhalten, tritt auch bei "I´d rather be with her" wieder auf. Einfacher Drumbackground und eine gelegentlich piepende Pedalsteel runden das Bild ab, das den Hörer eventuell irritiert. "Blue" zeigt völlig andere Crooked Roads und spricht wieder die REM-Fans an. Nach simpel gestrickten Straßen- und Kneipensongs bekommt man jetzt eine gut gemachte Studioaufnahme zu hören. Auch die Stimme von Chris Dingman lässt sich mit den vorherigen Titeln nicht vergleichen und kommt richtig sanft daher. Eine Mischung aus eckigem Gesang und der Sanftheit von REM-Songs erleben wir dann bei "Along the way", dass über eine simple Struktur verfügt, aber immer noch eine Überraschung parat hat, wie z.B. den Backgroundgesang in der letzten halben Minute des Songs. Den Singer/Songwriter-Stil übernimmt er auch bei "Learn to see", wo er auch das Piano spielt, dass ihn als einziges Instrument begleitet. "Was ist denn das jetzt?" ist die Frage, die vielen bei "What the hell" auf der Zunge liegen mag. Man fühlt sich an die Beatbands der 60er Jahre wie z.B. Herman´s Hermits erinnert, wäre nur nicht diese Fiddle im Hintergrund. Es scheint wirklich so, als seinen die Crooked Roads auf einer Reise ohne Grenzen, und bevor das Album nicht durchgehört wurde, mag niemand aussteigen, da man immer noch irgendwas hochinteressantes erwarten kann. Wie wär es mit "Sorry", einer sehr ruhigen Ballade, deren Instrumentierung das Thema gut unterstützt? Wer auch immer es ist, der sich von den betroffenen Personen schlecht fühlen muss, bei diesem Titel wird er/sie sich schon fast von der Brücke stürzen wollen, so melancholisch wird das Thema umgesetzt. Keine Angst, Chris Dingman hat es nicht erwischt, denn der muss bei "Please forgive me" schon wieder um Verzeihung bitten. Der Titel erinnert an die frühen Byrds und Chris Hillman mit den typischen 60er-Pedal-steeels und ist von relativ übersichtlicher Struktur. Auch "Without you" hat seine Roots wohl in den 60ern, denn vom Britpop jener Zeit bis zu den Steelsounds der Allman Brothers ist alles vertreten. Mit "Baby, just forget", einem Anderthalb-Minuten-Song haben wir anscheinend unser Ziel erreicht, denn hier schließt sich der Kreis im Stil eines Bob Dylan (inklusive Harmonica), der Chris Dingman stark beeinflusst hat. Fazit: Auch Bob Dylan wird ja nachgesagt, nicht wirklich gut singen zu können, und bei Chris Dingman, dem Kopf und Bauch der Crooked Roads (übersetzt: krumme Straße - konsequent umgesetzt, denn von Gradlinigkeit ist hier nicht viel zu hören) hat man von Zeit zu Zeit dass Gefühl, er nähme es mit der Zielgenauigkeit beim Singen nicht so sehr ernst. Oder ist es einfach das Selbstverständnis der Singer-Songwriter, dass die Texte im Vordergrund stehen soll? Dann hätte ich mir natürlich ein mit Texten versehenes Booklet gewünscht. Interessant ist jedoch die musikalische Spannbreite dieser Band, von Bob Dylan und Kneipensongs bis zu glatt gebügelten REM-Sounds. Weiterhin lobenswert der Mut des Weglassens, der bei einigen Balladen auffiel. Aber ist das jetzt genial oder zu simpel, oder ist es eine Art der Countrymusik, der in Deutschland einfach die Wurzeln fehlen? Ist man hier noch nicht reif für solch ein Album? Wer weiß das schon, gerade wo Licht und Schatten gewohnheitsgemäß doch so eng beieinander liegen. Das Album kann per Internet bei www.cdbaby.com erworben werden.
Lothar Heising
Trackliste |
1. The wait 2. All of life´s loneliness 3. I´d rather be with you 4. Blue 5. Along the way 6. Learn to see 7. What the hell 8. Sorry 9. Please forgive me 10. So many times 11. Without you 12. Baby, just forget |
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Besetzung |
Chris Dingman - vocals, acc. guitar Ray Uribes - bass Joe Chavez - drums Don Giletti - el. guitar Chris McGandy - pedal steel Iain Mann - violin und einige Gastmusiker
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