Diverse Weltmusik
Diverse: World 2003. Music without Frontiers
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Info |
Musikrichtung:
World Music
VÖ: 27.02.2004
Hemisphere / EMI (CD DDD (AD 2003) / Best. Nr. 7243 5 90071 20)
Gesamtspielzeit: 154:34
Internet:
Hemisphere |
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MUSIK GLOBAL TOTAL GLOBALISIERUNG: EINST ...
Ich gebe zu, ich hätte es wissen müssen: Das hier ist nicht mein Ding. Eigentlich widme ich mich dieser Platte deshalb, weil ich mich für mehr oder weniger exotische Stil-Gemische in der sogenannten E-Musik interessiere. Z. B. für die Verbindung von spanischer Musik mit der indigenen Musik Südamerikas, mit arabischer oder nordafrikanischer Musik, sei es in der damaligen sogenannten U-Musik von "der Straße" oder auch in der gehobeneren höfischen und sakralen Kreisen. Das sind ebenso frühe Zeugnisse einer kulturellen Globalisierung wie die "Vereinigung der Geschmäcker" im 18. Jahrhundert, als ein Mann wie Georg Friedrich Telemann daran ging, die Nationalstile Frankreichs, Italiens und seiner mittel- und norddeutschen Heimat zu einem europäischen Universalstil zu verschmelzen. Damit eine solche Synthese möglich ist, müssen sozusagen die charakteristischen Ecken und Kanten der Originale abgeschliffen werden: Indiorhythmen und barockes Concerto Grosso, französischer Tanz, italienisches Temperament und deutscher Kontrapunkt. Das Ergebnis kann, je nach Perspektive, sehr unterschiedlich ausfallen: Was auf den ersten Blick als Bereicherung einer musikalischen Welt durch eine andere erscheint, kann sich auf den zweiten als völlige Assimilierung eines Stils durch den dominanten anderen entpuppen. Bei Telemann kann man u. a. in seiner Tafelmusik exemplarisch nachhören, wie aus den diversen Zutaten eine perfekt ausbalancierte Unterhaltungsmusik destilliert wird: manigfaltig, gediegen und einfallsreich, aber eben auch um einiges glatter als die autonomen Originale mit ihrer unverkennbaren Handschrift.
... UND JETZT
Auch die moderne Weltmusik ohne Grenzen sucht nach der Synthese, wobei sich die Entwicklung heute eigentlich ausschließlich in der sogenannten U-Musik abspielt (abgesehen von einigen E-Musik-Komponisten wie Olivier Messiaen oder György Ligeti, die sich - in diesem Fall - von indonesischer Gamelan Musik, indischer Rhythmik, den Gesängen afrikanischer Pygmäen oder rumänischer Folklore inspirieren ließen).
Auch die aktuelle Produktion bietet - inzwischen in der 3. Folge - eine "Best-off"-Jahreslese der BBC. Es geht quer über den Globus, quer durch alle Musikrichtungen und Stile: Frankreich, Italien, Spanien, UK, Senegal, Nigeria, GB, Türkei, Pakistan, Südafrika, Ägypten, Senegal, Kuba ... (Deutschland fehlt, dafür haben wir ja als erfolgreichen "melting pot" den Musikanten-Stadl).
Meine Kritik an diesem Projekt, dessen Vorgänger sehr erfolgreich waren, ist grundsätzlicher Art. Wer World Music mag, wird auf jeden Fall auf seine Kosten Kommen: Zu hören gibt es perfekt abgemischte, gut tanzbare Soundcocktails. Mich hat's aber überwiegend gelangweilt. Denn: Die klangliche Vielfalt der 100 verwursteten Stile und Kulturen führt hier eigentlich zu nichts Neuem, sondern zur musikalischen Einfalt. Auf CD 1 erscheinen die ersten 11 Tracks völlig austauschbar, weil die "entgrenzte" Musik in das Korsett der immer gleichen, penetrant vordergründigen Beats gezwungen wird (die sich als Material vom Stadl-Geschunkel nicht mal unterscheiden). Das ist wie mit europäisiertem chinesischen Essen: Es heißt zwar Nasi-Goreng oder Bami-Goreng oder Peking-Ente, schmeckt aber fast immer nach Sojasauce und Natriumglutamat. Hier höre ich immer nur die gleiche standardisierte westliche Pop-Musik, die mit Folklore-Effekten koloriert wird. Nach Track 12 geht es, mit einigen Varianten, in diesem Stil weiter, auch CD 2 bietet da eigentlich keine Überraschungen. Als pars pro toto sei nur Track 13 herausgegriffen: Wie da die pakistanische Sängerin Naseebo Lal ihren aufregenden Gesang vom Humpa-Humpa-Gedudel des Arrangement glattbügeln lässt, ist einfach schrecklich. Die Ausnahme ist Track 12, ein französischer Beitrag der Gruppe Galliano Portal. Der unterscheidet sich vom Rest der Produktion schon allein dadurch, dass es sich um eine Instrumentalnummer handelt. Auch kann man hören, dass die Interpreten - darunter die Namensgeber der Gruppe, Akkordeonist Richard Galliano und Klarinettist Michel Portal - eigentlich aus dem Jazz kommen. Was auch immer da "eingeworlded" wurde: Das rhythmisch vertrackte, schattenhafte Vibrieren des Akkordeons produziert für rund fünfeinhalb Minuten genau jene akustische und musikalische Spannung, die ich beim Rest vermisst habe.
Georg Henkel
Trackliste |
CD 1 01 Le Vent Nous Portera (Noir Desir) 04:50 02 Che II Mediterraneo Sia (Eugenio Bennato) 03:41 03 Naita (Ojos De Brujo) 03:36 04 Dojo Kun (Temple Of Sound) 03:45 05 Paris Dakar (Darra J) 04:41 06 Life (Big Men) 03:46 07 Come L'aria (Banda Ionica) 04:23 08 Palava (Weird MC) 05:51 09 Kahpe Kader (Seven Aksu) 05:50 10 Go (Dusminguet) 03:11 11 Mondo Bongo (Joe Strummer & The Mescaleros) 06:15 12 Mozambique (Galliano Portal) 05:20 13 Mera Sacha Si Pyar (Naseebo Lal) 04:28 14 Inombolo Yocingo (Rebecca Malope) 04:23 15 Mali Chougul Bil Soug (Ilham Al Madfai) 04:42 16 O Silencio Da Guitarra (Mariza) 02:52 17 Youm Wara Youm (Samira Sa'id) 04:14
CD 2: 01 Moryak (Markscheinder Kunst) 04:08 02 Across The Wire (Calexico) 03:27 03 Take Care (Nyota Ndogo) 03:08 04 Yol Bolsin (Sevara Nazarkhan) 05:29 05 Haliko Chijende (Hukwe Zawose) 05:17 06 Makovienka (Sui Vesan) 03:54 07 Horses (The Be Good Tanyas) 03:58 08 Fria Claridade (Lula Pena) 04:24 09 Eh Ya Ye (Kasse Mady Diabate) 04:23 10 La Iguana (Lila Downs) 03:07 11 Nha Mame (Manecas Costa) 04:24 12 Mambore Tradgardsvalsen (Ellika & Solo) 02:50 13 It's A Man's Man's Man's World (Sekouba Bambino) 04:39 14 El Manisero (Pepesito Reyes feat. Estrella Morente) 04:50 15 Gnawoe (Orchestra Baobab) 06:20 16 Falando Alto (Wagner Pa) 04:49 17 En Algun Lugar (Amparanoia) 04:28 18 Por El Suelo (Manu Chao's Radio Bemba) 03:11
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