Musik an sich


Artikel

POVERTY'S NO CRIME

Die Chemie stimmt

Dass Progressive Metal auch nicht unbedingt mit peinlichen Klischees aufwarten braucht und muss beweisen die deutschen Poverty's no Crime auf sympathischste Weise. Und das auf ihrem fünften Album mitnichten das Chaos regiert, welches uns der Albumtitel gerne weismachen möchte, ist der Konsequenz zuzuschreiben, mit welcher der hardrockende Fünfer hier zugange ist. Hier rockt man einerseits wie die Hölle, andererseits kommen aber auch harmonisch progressive (und eben nicht peinliche) Aspekte zum tragen. Die Chemie stimmt, was uns auch PNC-Sänger und Gitarrist Volker 
Walsemann in einem Interview bestätigt. 

MAS:
Ihr rangiert zwar unter dem File 'Progressive-Metal', aber trotzdem nervt ihr nicht mit minutiösen Gegniedel und der Sänger, das bist du, versucht auch nie, in den höchsten Tönen zu brillieren. Ist diese klischeefreie Herangehensweise Absicht? 
Volker Walsemann:
Ja, das liegt eigentlich daran, dass wir so etwas nie wollten und dass wir das, was wir jetzt machen und vor allem auch, wie wir es machen, einfach besser und befriedigender finden. 

MAS:
"Chemical Chaos"- was ist das in der Definition von POVERTY'S NO CRIME?
VW:
"Chemical Chaos" ist der Oberbegriff und alle Songs des Albums drehen sich mehr oder weniger um dieses Thema. Inspiriert wurde ich, das kann ich an dieser Stelle ruhig zugeben, durch den Film "Matrix". Denn als ich das erste Mal diesen Film gesehen habe, konnte ich nächtelang nicht schlafen. Mir spukten die Gedanken im Kopf herum und ich fragte mich, was eigentlich der Grund dafür ist. Und hier stellte ich fest, dass eben das eine zutiefst philosophische Frage ist, welche sich hierbei auftut, deren Beantwortung ich eigentlich auch nicht bieten kann. Aber ich habe die Fragen gestellt, speziell zu dem Themen 'Chemical Chaos', 'was ist Schicksal' oder 'ist unser Schicksal vorherbestimmt oder können wir das selbst beeinflussen bzw. läuft alles doch in vorher gefertigten Bahnen'. Und jeder Song auf dem Album befasst sich im Großen und Ganzen mit eben dieser Thematik.

MAS:
Womit "Chemical Chaos" dann ganz stilgerecht auch ein Konzeptalbum wäre.
VW:
Insofern schon, ja. Wobei es aber kein starres Konzept mit einer festen Story ist sondern eher schon ein roter Faden existiert, der sich irgendwie durch das Album schlängelt.

MAS:
Ihr veröffentlicht ja auf 'Inside out', dem, möchte ich einmal behaupten, führenden Label in Sachen Progressive-Rock bzw. Progressive-Metal. Mit welchen Labelmates sympathisiert ihr?
VW:
Da gibt es jetzt aber auch noch eine ganz andere Sparte, die sich bei 'Inside out' mehr und mehr auftut. Und diese wird mit Bands wie Dead Soul Tribe belegt, die mit Sicherheit nicht mehr so 'progressive' wie meinetwegen Spock's Beard oder Threshold sind und schon etwas Neues machen. Somit bewegt sich auch 'Inside out' auf neuen Wegen und ist nicht mehr so starr auf den Progessive-Rock bezogen. Auch Devin Townsend ist nicht mehr das klassisch Progressive. Aber im Grunde sympathisieren wir mit allen unseren Labelkollegen, das ist ganz klar. Verglichen mit dem, was den ganzen Tag über im Radio gespielt wird, ist das alles hochwertig. Meinetwegen könnte man den ganzen Tag 'Inside out' Bands spielen, da hätte ich absolut nichts dagegen. 

MAS:
Euch gibt es wirklich schon seit 1991?
VW: Ja, aber ich muss zugeben, dass wir schon relativ früh angefangen haben, nämlich in der klassischen Teenagerzeit. Man lernt sein Instrument und wird berühmt. Dachten wie jedenfalls. Und da wir schon so früh angefangen haben, konnte sich der eigene Sound von PNC auch formen. Was natürlich auch etwas mit den unterschiedlichen Einflüssen zu tun hatte, die jedes einzelne Mitglied in die Band einbrachte. Da gab es eben nicht nur die eine einzige Band, an der alle den Maßstab für ihr eigenes Tun anlegten. 

MAS:
Und POVERTY'S NO CRIME? Spielt ihr mit diesem Namen vielleicht auf euch selbst an, dass Musik eben nicht unbedingt reich machen muß?
VW:
Erst einmal ist das eine geläufige englische Redewendung - 'Armut ist kein Verbrechen', was bedeutet, dass Armut keine Schande ist. Und das ist eher ein politisches Statement, als dass es etwas mit uns zu tun hat. Ich denke, dieses Statement ist auch sehr wertneutral und kann von niemandem verneint werden. Und man kann in zwanzig Jahren noch mit diesem Namen leben, da er zeitlos ist. Vielleicht ist es ja auch so, dass in zwanzig Jahren wirklich alle arm sind. Und für uns ist es dann auch eine vorweg genommene Entschuldigung, dass wir mit unserer Musik dann doch nicht reich werden wollten (lacht...). 

Carsten Agthe