(Universität der Künste, Berlin, 05.03.03)
Nachdem das Publikum den englischsprachigen Liedermacher, dem die Ehre
des
Supports für Aimee Mann zugeteilt war, nur geringe Aufmerksamkeit schenkte
und stattdessen lieber noch mal mit dem Sitznachbarn die mögliche Setlist
ausdiskutiert wurde, zog Ruhe ein als die Lichter ausgingen und ein
atmospärisches Intro den Abend einläutete. Eins vorweg, es sollte ein
schöner, ein warmer Abend werden. Es hatte ein bisschen etwas von
Wohnzimmer-Ambiente, das Berliner Publikum, welches sich in der Universität
der Künste zusammengefunden hatte, wippte in den Sitzen mit den Köpfen -
übermäßigen körperlichen Einsatz lehnte man einstimmig ab. Es sollte
schließlich nicht in körperlicher Ertüchtigung enden. Aimee Mann schien das
nicht zu stören. Nach "Real Bad News" und "The Moth" begrüßte sie brav und
sichtlich gut aufgelegt das Publikum und sprang zurück ins Jahr 1999 zu
ihrem 2. Album "Bachelor No. 2" von dem "Calling it quits" intoniert wurde.
Verstärkt durch eine Background-Band präsentierte Mann noch weitere Songs
vom aktuellen Album "Lost in Space" darunter "Humpty Dumpty", "Invisible Ink"
und das extrem rockig vorgetragene "Pavlov`s Bell". Selbst die bei anderen
Künstlern eher peinlichen Mitklatsch-Spielchen, forderte sie mit einem
solchen Charme, dass sogar die letzten Spießer die Hände zusammenschlugen.
Zwischen den Songs erzählte die (erschreckend dünne) Amerikanerin Anekdoten
aus ihrem bewegenden Leben: über ihre Verehrung von Noel Gallagher, welche
sich im Song "You could make a killing" niederschlug und die sich bei einem
Treffen der Zwei sofort in Luft auflöste ("I thought we maybe had nothing in
common and when I met him I realized: We really had nothing in common!"),
und über ihre gescheiterte Beziehung zu einem Berliner, der sie wegen Frau
und Freundin sitzen ließ. Unverständnis über den Artgenossen im Publikum -
Wie kann man diese Frau verlassen?
Musik gespielt wurde zwischendurch aber auch. Wäre das Schlagzeug nicht so
dilettantisch abgenommen worden, hätte der Sound den Gig perfekt gemacht. So
klang es wie im Proberaum einer Schülerband.
Trotzdem: tosender Applaus veranlasste Aimee Mann zu einem zweiten
Zugaben-Set bei dem sie auch auf zugerufene Zuschauerwünsche einging. Die
Zuschauer erfreuten sich zunächst an "Red Vines", doch der zweite
Publikumswunsch gestaltete sich für die Bostoner Sängerin etwas schwieriger:
"Jimmy Hoffa Jokes" verlangte ein Zuschauer, Aimee konnte dem jungen Herrn
den Wunsch nicht abschlagen und rackerte sich durch die erste Strophe. Doch
schnell versagte ihr Text-Gedächtnis und sie musste lachend abbrechen.
Macht nichts - trotzdem sympathisch. Sie schloss ihr Set mit "Deathly", vom
Magnolia Soundtrack, der ihr 1999 den Durchbruch beschehrte. Ein letzter
Gruß Richtung gerührtem Publikum und da war sie auch wieder verschwunden,
doch die zarte Stimme von Aimee Mann blieb noch einige Momente länger im
Ohr. Summend setzte man sich ins Auto, schob sein Mixtape rein und hörte
sich noch auf dem Parkplatz, das im Set leider vernachlässigte "One" an. Es
fühlte sich warm an - an diesem kalten Mittwoch.
Setlist:
real bad news
the moth
calling it quits
sugarcoated
humpty dumpty
amateur
susan
wise up
save me
you could make a killing
this is how it goes
that's just what you are
pavlov's bell
long shot
1st encore:
driving sideways
invisible ink
2nd encore:
red vines
jimmy hoffa jokes
deathly
Christoph Henkel