(Substage, Karlsruhe, 15.03.02)
Schon vor Einlass zum Konzert gibt es die erste Überraschung am Abend: die
Karten sind komplett vergriffen. Ein Glück, dass wir die Karten schon vorher
hatten. Ausverkauft müsste wohl über 500 Besucher bedeuten.
Noch überraschender aber ist, dass T(I)NC Sänger Dennis Lyxzén direkt neben dem
Eingang, völlig unbeeindruckt und ruhig bis schüchtern wie gewohnt, in der Ecke
sitzt und ein Buch liest.
Das Konzert eröffnen die bereits in weiten Kreisen bekannten Six By Seven. Eine
sehr gute Band mit einem unglaublichem Sound der zwar elektronisch wirkt, jedoch
die volle Dynamik des Rock versprüht. Ein sehr talentierter Sänger und
eingängige Drumbeats zeichnen die vier Jungs besonders aus. Eine Art Musik, die
man aber mögen muss um sie zu verstehen oder andersrum. Man tut sich beim ersten
Kontakt schwer mit dieser anspruchsvollen Mixtur verschiedener Einflussbereiche.
Dies merkt man auch dem Publikum an, es ist schwer eine Menge so zum kochen zu
bringen. Live gut ohne mitreißend zu sein.
Nach einiger Pause geht es mit Yvonne weiter. Eine schwedische Punkband, die
sich nach einer Schönheitsprinzessin benannt hat. Nicht unbedingt ein Ausdruck
von Kreativität oder Anspruch, wobei man es trotzdem für richtig hält einen Hype
um diese Jungs zu bilden und sie als Support von T(I)NC ins Rampenlicht zu
drängen. Dieser erste Eindruck bestätigt sich leider schnell. Sie klingen wie
eine Punkband, die sich anschickt Brit Pop zu covern. Nichts wirkt richtig echt
und selbst wenn sich der Sänger ins Zeug legt vermag er nicht das Publikum
anzusprechen. Die Musiker verabschieden sich ohne einen bleibenden Eindruck zu
hinterlassen. Nicht einmal für die kostenlosen Promotapes interessieren sich
viele. Ich kann jedem versprechen auch nichts verpasst zu haben.
Als The (International) Noise Conspiracy die Bühne betreten merkt man ein
förmliches Knistern unter den Besuchern. Schon vom ersten Akkord an schwappt die
Energie und Leidenschaft über. Dass man sich von Platzverhältnissen an
Legebatterien erinnert fühlt stört niemanden. Die Band spielt täglich ein
anderes Programm. An diesem Abend eine abwechslungsreiche Setlist der beiden
Alben "Survival Sickness" und "A New Morning Changing Weather" sowie der EP "The
First Conspiracy". Wie gewohnt tritt die Band in optischer Uniformität auf. Die
Songs werden allesamt deutlich schneller als auf den Tonträgern zum Besten
gegeben, wobei besonders "Survival Sickness", "Smash It Up", "Up For Sale",
"The Reproduction Of Death" und das von einer rechten schwedischen Partei zum
schlechtesten Freiheitssong gekürtem "Capitalism Stole My Virginity". Eine
unvergleichliche Atmosphäre voller Energie entwickelt sich zwischen Band und
Publikum. Die Live-Erfahrung kommt zum Tragen und die Stimme des Masterminds
bleibt nur zu bewundern. Obwohl alle Mitglieder der Conspiracy wahnsinnig
hingebungsvoll spielen stimmt jeder Ton. Zwischen den Liedern immer wieder
Weltanschauungsansprachen und politische Reden über Kapitalismus,
Globalisierungsgegner in Genua, Wahlen in Schweden... . Die Inhalte sind
bekanntermaßen sehr wichtig und dies wird immer wieder deutlich unterstrichen.
Mit "A New Morning Changing Weather" wird sich zunächst verabschiedet bevor man doch
nochmals für zwei Songs die Bühne betritt. Der letzte davon sollte geläufig
sein: "Blitzkrieg Bob" der Ramones in einer genialen Version.
Alles in allem durch die Hauptband ein unvergesslicher Abend, zu dessen
angemessener Bebschreibung Worte nicht genug sind. Einzig fragwürdig war der
Abendkassenpreis von 16€ (13€ Vorverkauf) was wohl die Grenze des angeprangerten
Kapitalismus überschreitet. Egal .... (bei solch einem Erlebnis).
Kevin Kirchenbauer