Selle, Th. (Adamske)
Johannespassion mit Intermedien
KÜHL
Schon vor Telemann war die Hansestadt Hamburg eine Hochburg barocker Musikpflege. Thomas Selle (1599-1663) versah dort ab 1641 die einflussreiche Position des Musikdirektors der vier Hauptkirchen und präsentierte in dieser Funktion schon bald nach Amtsübernahme seine Johannespassion. Selle ist in ihr bestrebt, den handelnden Personen durch spezifische Instrumentalbegleitung eine je eigene musikalische Charakterisierung zu vermitteln, die er den nach italienischem Vorbild rezitativischen Deklamation beigibt. Die eigentliche Farbigkeit aber wird vor allem über die sog. Intermedien erreicht, mehrchörige, betrachtende Chorsätze von vokal wie instrumental durchaus komplexer Struktur. Es zeigt sich ein eigenständig norddeutscher Stil, der sich in vielem von jener mitteldeutschen Linie abhebt, wie sie der heute deutlich bekanntere Heinrich Schütz repräsentiert.
Antonius Adamske lässt das Ganze allerdings tatsächlich norddeutsch-kühl musizieren, im Ausdruck jenseits der Intermedien zurückhaltend und in der Stimmführung des Göttinger Barockorchesters unnötig eckig. Da zudem auch die Leistung der Vokalsolist:innen mindestens durchwachsen zu nennen ist, will einem Selles Musik mit dieser dokumentarisch anmutenden Aufnahme nicht recht nahe kommen.
Sven Kerkhoff
Trackliste |
Johannespassion mit Intermedien (1643)
Motetten: Die Erd ist des Herren D1.48; Lobet den Herren D1.47 |
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Besetzung |
Dantes Diwiak, Johannes Euler, Janno Scheller u.a.
Göttinger Barockorchester
Antonius Adamske: Ltg.
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