Rossini, G. (Andretta)
L´Italiana in Algeri (Die Italienerin in Algier)
MIT ANLAUF
Es sei diese Oper, die einen alles Elend der Welt vergessen lasse, so der Dichter Stendhal über Rossinis "L´Italiana in Algeri". Also eigentlich das ideale Werk zur Zeit. So mag man es auch im Amsterdamer Concertgebouw gesehen haben, wo vergangenes Jahr der Mitschnitt dieser konzertanten Aufführung entstanden ist. Dabei sticht vor allem der satte, trocken-pointierte Originalklang des Orchestra of the Eighteenth Century hervor, durch welchen Rossinis effektvolle Instrumentierung zum Leuchten gebracht wird. Zudem wurde klugerweise beim Chor nicht gespart, so dass das La Cetra Vokalensemble Basel hier für wunderbar transparente, klar artikulierte und durchschlagskräftige Einwürfe sorgt.
Trotz dieser ausgezeichneten Basis braucht die Aufführung unter Giancarlo Andretta aber doch gehörigen Anlauf, um so richtig abzuheben und zum großen Opern-Spaß zu werden: Die berühmte Ouvertüre kommt erstaunlich mechanisch, wie mit angezogener Handbremse daher und auch die Sänger:innen-Riege muss sich erst warmlaufen. Ein ungeschöntes Live-Abbild, könnte man sagen. Von Anfang an stimmlich-darstellerisch voll präsent zeigen sich eigentlich nur Ricardo Seguel in der Rolle des präpotenten Mustafa sowie Vasilisa Berzhanskaya als Isabella, die sie weniger keck als durchaus latent aggressiv anlegt - ihr nimmt man es ab, dass sie sich gegen die Männerwelt mit ihren #MeToo-Allüren zu behaupten vermag, die um sei herum herrscht. Ihr Geliebter Lindoro (Alasdair Kent) zeigt sich in der Auftrittskavatine hingegen ohne Schmelz, mit einigen Intonationstrübungen und muss schon mit dem tenoralen Stemmeisen arbeiten, um sich da halbwegs durchzuschlagen. Er mausert sich im weiteren Verlauf jedoch durchaus zu einem soliden Gegenpart.
Wirklich ins Rollen kommt das musikalische Geschehen aber erst ab dem Finale des ersten Aktes. Von hier ab lässt Andretta das Orchester stärker federn, spielt freier mit Tempo und Dynamik, so dass der zweite Akt und natürlich erst recht dessen Finale dann durchaus geeignet sind, das Elend der Welt für diesen Moment vergessen zu machen. Der Klang der Aufnahme hat einigen bühnenraumtypischen Hall und das Geschehen wirkt leicht nach hinten versetzt, also leicht pastellig - eigentlich wäre dies eher bei einem Mitschnitt im Opernhaus zu erwarten und nimmt sich für das Concertgebouw untypisch aus.
Sven Kerkhoff
Besetzung |
Ricardo Seguel, Lilian Farahani, Esther Kuiper, Jose Coca Loza, Alasdair Kent, Vasilisa Berzhanskaya, Pablo Ruiz
La Cetra Vokalensemble Basel
Orchestra of the Eighteenth Century
Giancarlo Andretta
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