Offenbach, J. (Dumas, R.)
La Vie Parisienne
|
|
Info |
Musikrichtung:
Romantik / Operette
VÖ: 10.02.2023
(Naxos / Naxos / 2 DVD oder Blue-ray Disc / live 2021 / Naxos 747313575350 oder 730099016360)
Gesamtspielzeit: 178:00
|
|
|
KLAMOTTIGE SZENE, FLOTTE MUSIK
Auf der Basis von Notenfunden in der Bibliothèque Nationale de France hat die umtriebige Stiftung Palazetto Bru Zane eine so nie aufgeführte, mögliche Urfassung von Jacques Offenbachs fünfaktiger Operette „La Vie Parisienne“ ediert, die 2021 erstmals in Kooproduktion mehrerer französischer Opernhäuser (u. a. am Theatre de Champs-Élysées) präsentiert wurde.
Dies ist zwar nicht die erste kritische Neuedition des Werks, allerdings die erste, die eine Fassung noch vor Beginn der Proben dokumentiert. Denn die damalige SängerInnen-Besetzung forderte weitreichende Änderungen, denen vor allem der dialoglastige 4. und 5. Akt zum Opfer fielen. Nicht nur diese, auch die ursprüngliche Gestalt des Finales vom zweiten Akt und diverse Arien wurden wieder hergestellt, z. B. die des Urbain „C’est ainsi, moi, que je voudrais mourir“ im 3. Akt oder ebenda das flott einhermarschierende Terzett „Rien ne vaut un bon diplomate“.
Im Mittelpunkt des Stücks steht ein frivol-dekadentes Trüppchen, das unter der Regie zweier halbseidener Szenegrößen – Gardefeu und Bobinet – einem ahnungslosen dänischen Adelspaar, den de Gondremarcks, das „authentische“ Paris vorspielt. Ziel: Gardefeu möchte die Baronin de Gondremarck verführen, gibt sich als Fremdenführer und sein Heim als Dépendance des Grandhotels aus, wo er die beiden einquartiert. Sein Freund Bobinet lenkt den amourösen Abenteuern gegenüber aufgeschlossenen Baron von Gondremarck derweil durch einen inszenierten Gala-Empfang im Haus seiner im Urlaub weilenden Tante ab. Bei dem mimt das Personal die High-Society, darunter auch die zauberhafte Handschuhmacherin Gabrielle. Zu dumm nur, dass die Tante früher als erwartet zurückkehrt ... Für zusätzliche Verwicklungen sorgt die ehemalige Geliebte von Bobinet und Gardefeu, Métella, auf die von Gondremarck ein Auge geworfen hat und die auf ihre Weise für Aufklärung sorgt.
Modeschöpfer Christian Lacroix, der für Regie, Bühne und Kostüme verantwortlich zeichnet, serviert diese buffoneske Apotheose des wilden Pariser Gesellschafts- und Partylebens um 1866 als opulent eingetüllte und perückisierte, mit queeren Balletteinlagen ausgarnierte, aber ansonsten alberne Farce. Da verspricht das Cover dieser Neuproduktion schon ziemlich genau das, was einen dann für fast drei Stunden szenisch erwartet. Die von den Librettisten Henry Meilhac und Ludovic Halévy für das damalige Publikum eingebauten Anspielungen auf politische Ereignisse und gesellschaftliche Größen bleiben weitgehend enigmatisch.
Das Ganze schnurrt, auch dank der flotten und wie immer eingängigen Musik Offenbachs, wie ein Schweizer Humor-Uhrwerk ab. Daran haben die Offenbach-erfahrenen „Musiciens du Louvre“ wesentlichen Anteil. Unter der Leitung von Romain Dumas musizieren sie mit Eleganz und Esprit und sorgen dafür, dass die Musik mit ihren vielen Ohrwurmeinlagen über drei Stunden ohne Durchhänger unterhält.
Die Besetzung ist sehr spielfreudig, lässt sich auch auf’s Chargieren mit Wonne ein (u. a. Ingrid Perruche in einer reinen Sprechrolle als Madame de Quimper-Karadec). Bei den vielen ausgezeichneten SängerInnen ragt die koloraturzaubernde Jodie Devos als Gabrielle heraus, daneben die sexy im Mezzo orgelnde Aude Extrémo als Métella. Herausragend ist bei den Herren der hinter Backenbarttroddeln verborgene Franck Leguérinel als Baron de Gondremarck.
Georg Henkel
Besetzung |
Jodie Devos, Rodolphe Briand, Marc Mauillon, Franck Leguérinel, Sandrine Buendia, Aude Extrémo, Éric Huchet u. a.
Choeur de Chambre de Namur
Les Musiciens du Louvre
Romain Dumas, Leitung
|
|
|
|