Free Swing
Tuuri
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Vier Musiker der europäischen Jazz-Szene sind auf Tuuri vereint. Sollte es Finnisch sein, dann bedeutet Tuuri wohl so etwas wie "Glück". Free Swing nennt sich die Formation um den deutschen Trompeter Alex Schlösser, den schwedischen Tenorsaxofonisten Karl-Martin Almqvist, den Bassisten Mattias Welin, ebenfalls aus Schweden, und den Schlagzeuger Jaska Lukkarinen aus Finnland. Diese Platte ist das erste Album der vier Musiker.
Free Swing, das bringt mich gedanklich natürlich sofort zu zwei Vermutungen, a) die Musik ist recht frei gestaltet und b) sie swingt.... Gab/gibt es swingenden Free Jazz? Oder ist Tuuri der Einstieg dazu? Nun, es erklingt "Zeil", und - es swingt, und dazu in einem ganz besonderen Rahmen, weil hier das für Jazz typische Piano fehlt. Insofern finden die ersten beiden Solo-Beiträge von Schlosser und Almqvist im Trioformat statt, und das erinnert mich dann hinsichtlich des straff fließenden Swings zunächst an die Musik von Lee Konitz auf seiner Platte "Motion", die mit "I remember you" recht ähnlich loslegte, jedoch im Vergleich zu "Zeil" viel "cooler". Hier klingt es dann emotionaler angelegt.
Das klassische Musik schließlich auch swingen kann, stellt man mit "Opus 10, Nr.4" von Brahms fest, allerdings mit einem eher feierlich klingenden Ausdruck, die Bläser verschmelzen hier zu einem innigen Dialog, unterstützt durch den schwebend wirkenden Untergrund durch Bass und Schlagzeug.
Den Begriff "Free" sehe ich nicht unbedingt in Verbindung mit Free Jazz umsetzt, denn hierzu fehlt es der kompromisslosen Umsetzung der Voraussetzung dieses Genres, andererseits ist es so, dass man sich viele Freiheiten nimmt bei der Umsetzung der Kompositionen, so dass auch Bass und Schlagzeug nicht allein als Unterstützer dienen, sondern wesentlich mitgestalten, und sich hierzu viel Freiheit nehmen. So bringen diese Elemente reichlich Abwechslung und eine Atmosphäre ins Spiel, die Aufmerksamkeit verlangt und für diese dann auch entlohnt mit leidenschaftlichem Spiel und spontan wirkenden Interaktionen. Besonders beeindruckend ist für mich stets, wenn man als Trio agiert, weil in diesen Passagen diese Freiheit am besten wirkt. Hierzu fällt mir dann assoziativ ganz besonders noch ein anderes Album ein - "Sonny Rollins: Way Out West", mich erinnern hierbei "Have You Met Mr. Jones" von Tuuri und "Come, Gone" von Rollins einander.
Aber auch "A Night At The Village Vanguard" von Rollins fällt mir ein, wenn ich an die Musik von Tuuri denke. Eine ähnliche Dynamik, mitunter vielleicht ein wenig gedrosselter, verspüre ich hier. Sehr mitreissend empfinde ich auch den Titel "Countdown 1234", und dann wieder sind es die anderen ruhigen Gangarten, die zwischendurch für Entspannung sorgen, obwohl auch bei einem ruhigen Song wie "Keep It Simple" viel Bewegung herrscht. Erst "Yellow & Orange" ist beschaulicher in der Ausführung, nicht aber, ohne dass Drummer Lukkarinen im Hintergrund nicht dennoch für ein dezent swingendes Ambiente sorgen würde.
"Welin In Acapulco" trägt gar ein wenig die Handschrift des Bebop, und höre ich im Thema nicht gar einen Anklang an "Salt Peanuts" von Dizzy Gillespie??? Schwer reissend und schleppend mit einem absolut gelassen wirkenden Ausdruck werden wir mit bluesiger Stimmung verabschiedet, "If There Is No Blues..." heißt es hier zum Schluss. Interessant ist es übrigens, sich dem Booklet zu widmen, denn hier finden sich zu jedem Song Kommentierungen von Jerry Bergonzi, die dieser beim gemeinsamen Hören mit Almqvist abgegeben hat. Man erfährt eine gelungene Abrundung dieses Projekts.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Zeil (6:47)
2 Opus 10, Nr. 4 (3:46)
3 Have You Met Mr. Jones? (5:52)
4 Bunky Bunk (6:53)
5 Near Birches, Birds And Bees (6:04)
6 Countdown 1234 (5:26)
7 Saiam (6:04)
8 Keep It Simple (4:45)
9 Yellow & Orange (4:47)
10 Welin In Acapulco (4:49)
11 If There Is No Blues... (6:45)
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Besetzung |
Axel Schlosser (trumpet, flugelhorn)
Karl-Martin Almqvist (tenor saxophone)
Mattias Welin (bass)
Jaska Lukkarinen (drums)
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