De Encina, J. - d'Alba, A. – Di Lasso, O. u. a. (Magraner, C.)

Música Grotesca. La Fascinante Deformidad


Info
Musikrichtung: Renaissance / Ensemble

VÖ: 03.02.2023

(Capella de Ministrers / Note 1 / CD / DDD / CDM 2254)

Gesamtspielzeit: 53:56



NÄRRISCH UND FURIOS

Pünktlich zur Karnevalssaison legt das umtriebige spanische Ensemble „Capella de Ministrers“ ein Album mit „grotesker Musik“ des späten Mittelalters und der Renaissance vor – wobei der Begriff, der sich ursprünglich von fantasievollen antiken römischen Wanddekorationen in (vermeintlichen) Grotten herleitet, im Hinblick auf die Musik einen weiten Spielraum eröffnet.

Das Groteske ist das Absonderliche, von der Norm Abweichende: verzerrt und schräg, übersteigert, verdreht und maßlos. Es kann sich in skurrilen Klängen ebenso äußern wie lautmalerischen Texten oder Dichtungen mit mehr oder weniger offenkundigen schlüpfrigen Anspielungen. Travestie und Maskerade, Satire und verteufelte Frömmelei finden sich da ebenso wie seltsame Anekdoten, moralische Zeigefinger und Hemmungslosigkeiten, die besungen und plastisch-szenisch performt werden.
Als Grundlage eignen sich volkstümlich-derbe Tanzrhythmen besser als zarte höfische Gesänge – was nicht ausschließt, dass es zwischen den musikalischen Welten bereichernde Austauschbewegungen gibt. Am Ende ist auch das Groteske eine Kunst, die beherrscht werden will.

Die vier Sänger:innen der „Ministrers“ wechseln permanent die Rollen und Charaktere, um das üppig blühende mediterrane Repertoire mit seinen spanischen und italienischen Texten oder schieren Kauderwelschkaskaden angemessen auf die imaginäre Hörbühne zu bringen. Diese Bandbreite begeistert und sorgt dafür, dass die 18 Stücke sich am Ende nicht einfach durch äußere Effekte in der Wirkung erschöpfen und aufheben. Groteske Vielfalt!
Gleich das Eröffnende Stück zum närrischen Eselsfest spart nicht mit Tierlauten, wie Animalien aller Art überhaupt ein beliebtes Grotesken-Mittel darstellen. Ein bunt schillernder Reigen wird eröffnet, der Anonymes und volksnahes wie namentlich bekanntes Altmeisterliches aus der gelehrten Komponierstube gleichermaßen hingebungsvoll in Szene setzt. Und dies, bei aller Lust am Schrägen und Schrulligen, immer kunstvoll musikalisch. Instrumental wird das mit Gitarre und Gambe begleitet und perkussiv abgerundet. Wenn man so gut aufgelegt ist wie die „Capella de Ministrers“, braucht es mehr dazu nicht.

Eine köstlich verdrehte unterhaltsame Stunde!



Georg Henkel



Trackliste
Werke von Juan de Encina, Alonso d'Alba, Mateo Flecha el Viejo, Orlando di Lasso, Lorenzo de Medici, Anonymus
Besetzung

Capella de Ministrers

Carles Magraner, Gambe & Leitung


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