Paul Bernewitz
Someday
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Paul Bernewitz, Jahrgang 1997, stammt aus Leipzig, ist Pianist und Komponist sowie Schriftsteller. Doch der Komponist zeitgenössischer Klavier- und Kammermusik hat sich bei seinem Debüt-Album, Someday, zurück gehalten, griff er doch bei allen acht Songs auf Fremdkompositionen zurück. Und das Besondere daran ist, dass es nicht irgendwelche Musikstücke sind, sondern solche, die im Allgemeinen dem großen Fundus des "Great American Songbook" zugerechnet werden. So finden wir Kompositionen von Burt Bacharach, George & Ira Gershwin, Henry Mancini, aber auch das über den Jazz hinaus bekannte "Take Five" von Paul Desmond wurde herangezogen, allerdings unter dem etwas anderen Titel "Take Seven (Take Five)". Warum das so ist, erfährt man rasch, wenn das bekannte Thema ertönt, und irgendwie eine Verzögerung eintritt, als würde das Stück zum Stocken kommen. Dabei verwendet man einfach anstatt des 5/4-Takts einen 7/4-Takt, sofern ich das richtig interpretiert habe, und das läßt das Ganze befremdlich erscheinen.
Paul Scheugenpflug versucht auch gar nicht, den typischen Sound von Paul Desmond, den man selbstverständlich mit "Take Five" in Verbindung bringt, nachzuahmen. Vielmehr bringt er eine eigene Darstellung ein, und insgesamt wirkt der Song dadurch einen Tick frischer und moderner und erweiterter im Arrangement, aber weniger cool als das Original. Auch der Protagonist selbst läßt eine sehr individuelle Note erklingen, auf allen acht Tracks. Eine gewisse Art Zurückhaltung vor dem Start eines Solos fällt auf, so scheint er neue Wege zu suchen, Wege, die sich im Laufe des Solos etablieren und auch in andere Richtungen gehen.
So gesehen, gilt das für die komplette Band, die wie in einem Stück agiert, den Arrangements des Bandleaders sowohl folgt als auch eigene Akzente einbringt. Neben den Saxofonisten ist es vor Allem auch Drummer Jonas Sorgenfrei, der sich brillant in Szene setzen kann. "I Hear A Rhapsody" ist von Beginn an sehr individuell geraten, in einem Moment glaubt man, es würde sich zu einer geschmeidigen Ballade entwickeln, dann plötzlich wird es "zerpflückt" und weist wilde Momente auf.
Doch im ersten Vokal-Beitrag; "Alfie", wird es dann doch balladesk, der Gesang wird von Regina Heiß vorgetragen, klar und hell strahlend, fernab von allen bekannten am Pop orientierten Fassungen dieses Klassikers, mitunter von dezenter Abstraktion überzogen, und plötzlich löst sich ein zarter und fast gehauchter Saxofonklang und bringt das meiste an Emotion ein. Der zweite Gesangstitel ist "Days Of Wine And Roses“ wird noch individueller gestaltet und ist mit über zehn Minuten Spielzeit weit entfernt vom Original neu gestaltet worden, mit sehr viel Abwechslung im Aufbau.
Allen Song gemein ist eigentlich, dass in den Arrangements viel Gestaltungsraum zur Verfügung gestellt wurde, die den Musikern Platz für Entfaltung geben, dabei meist in relativ ruhigem und gepflegtem Fahrwasser. Nur gelegentlich darf es dann zu kleinen Ausbrüchen kommen, wie im treibend swingenden "Lady Bird" von Tadd Dameron, Bernewitz selbst streut einige frei fliegende Elemente durch sein Begleitspiel ein, sein Solo ab etwa 4:20 ist bemerkenswert, wie er scheinbar neben den unermüdlich swingenden Rhythmusgebern eigene Figuren einzustreuen scheint, bis er sich auf die Beiden doch noch vollends einlässt und diesen Song als einen der für mich aufregendsten des Albums mitgestaltet.
Sehr swingend wurde auch der Gershwin-Song, "It Ain't Necessarily So", gespielt, und gehört auch zu den am meisten traditionell orientierten Titeln. Aber letztlich ist es hervorragend gelungen, diesen acht Klassikern einen perfekten Neuanstrich zu verpassen, Musik, die unglaublich spannend ist und jeglichen Staub der Originale wegputzt. So erscheint mir doch tatsächlich das so bekannte "Cherokee" zu Beginn ganz anders, bis es auch den erwarteten harten Swing aufnimmt.
Dieser Jazz ist sehr modern gestaltet, wahrer "Contemporary Jazz" vom Feinsten, voller Reife in Ausführung der bereits gereiften Songs, voller Dynamik und Ideenreichtum, der Bogen vom Einst zum Jetzt wurde perfekt gestaltet.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Take Seven (Take Five)(10:54)
2 I Hear A Rhapsody (7:25)
3 Alfie (5:58)
4 Someday My Prince Will Come (6:14)
5 It Ain't Necessarily So (5:50)
6 Lady Bird (10:05)
7 Cherokee (5:35)
8 Days Of Wine And Roses (10:40)
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Besetzung |
Paul Bernewitz (piano & arrangements)
Amelie-Marie Richarz (bass)
Jonas Sorgenfrei (drums)
Paul Scheugenpflug (soprano & alto saxophone)
Michael Reiß (tenor saxophone)
Regina Heiß (vocals)
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