Sorrows Path
Touching Infinity
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Wer Doom Metal automatisch mit beträchtlichen Songlängen gleichsetzt, wird von der neuen Sorrows-Path-Scheibe eines Besseren belehrt: Acht Songs plus je ein kurzes Intro und Outro bringen es summiert auf knapp über 37 Minuten. Das mag zusätzlich verwundern, wenn man weiß, dass die Griechen keinen klassischen Doom spielen, sondern eher einen düsteren Power Metal mit progmetallischem Anstrich, was die Rhythmusarbeit angeht, und da würde man eher ausladenderes Schaffen erwarten. Das gab es von der Band in der Frühzeit auch tatsächlich zu vernehmen: Auf Resurrection, das alte Demo- und Promoaufnahmen in überarbeiteten Fassungen enthielt (siehe Review auf www.crossover-netzwerk.de), standen sechs Songs mit summiert 40 Minuten Spieldauer. Aber der Weg hat das Quintett woanders hin geführt, obwohl es dem Stil treu geblieben ist: Memento Mori und mit Abstrichen Memory Garden lassen sich als Referenzbands für die Songstrukturen anführen, letztere zeigen sich auch im Klanggewand etwas verwandt, während selbiges mit dem von Memento Mori wenig zu tun hat, sondern eher mit dem von Solitude Aeturnus. Das Problem besteht nun darin, dass die Griechen die Klasse der Referenzbands nicht erreichen, obwohl sie sich im Direktvergleich mit den ganz alten, noch aus der Zeit von Bandgründer Takis Drakopoulos (der 1995 starb) stammenden Songs doch ein gutes Stück weiterentwickelt haben. Aber hier und da hinterlassen sie eben doch noch Fragezeichen auf der Stirn des Hörers, etwa in „Leneh“: Da liegt ein schönes knackiges Riff unter dem Hauptsolo, aber Teile von selbigem schweben über dem Unterbau, ohne eine entsprechende Abstimmung erkennen zu lassen. Thiago Oliveiras Gastsolo in „My Chosen God“ wirkt gleichfalls eher wie ein Fremdkörper. Die griechische Folklore im wenigsekündigen Intro „Intro To Infinity“ wiederum weckt einen Hoffnungsschimmer, solche vielleicht auch auf dem Album verarbeitet zu hören und damit ein originelles Ergebnis serviert zu bekommen, aber diese Hoffnung wird enttäuscht, wenn man von wenigen Harmonien absieht, etwa im Intro von „Metaphysical Song“. Klar, Sorrows Path entwickeln durchaus gute Ideen, und der Quasi-Opener „Fantasies Will Never Die“ läßt ein zumindest gutklassiges Werk erhoffen, aber so richtig zünden will das Material nicht, und somit kommen einem die 37 Minuten ungewollt viel länger vor, als sie wirklich sind. Immerhin darf man Sänger Angelos Ioannidis einen Schritt nach vorn attestieren – mit den wirklich großen Kollegen aus der Doombranche kann der Grieche zwar nach wie vor nicht mithalten, aber er hat an Sicherheit gewonnen und traut sich auch mehr Vielfalt zu, wenngleich das Gestalten großer epischer Melodielinien nicht zu seinen Stärken zählt, wie beispielsweise die Strophe von „The Subconscious“ deutlich macht, wo er mal Gelegenheit für eine solche Linie hätte, diese Chance aber nicht nutzt, sondern statt dessen in einen seltsamen Widerstreit mit dem instrumentalen Unterbau gerät. In „My Chosen God“ wiederum wechselt er mal kurz zum Shouting und klingt dort gar nicht mal so schlecht, auch wenn man sich wiederum nicht vorstellen möchte, wie es klänge, wenn er dauerhaft so sänge. Mit „Beauty“ gelänge den Griechen tatsächlich ein titelgemäß schöner Song, würde da in den Refrain nicht noch eine völlig unpassende, das Faß zum Überlaufen bringende Akustikgitarre und eine ohrenscheinliche Hammond- oder sonstige historische elektronische Orgel eingemischt – das ist einer der Fälle, wo weniger ganz klar mehr gewesen wäre. Seltsamerweise passen die statt dessen im letzten Refrain erklingenden Gitarrenarpeggien deutlich besser, und mit „Forgiveness“ steht gleich danach der zumindest in bezug auf den instrumentalen Unterbau beste Song der Scheibe, worin selbst Ioannidis nicht nachstehen will und sich im Refrain besonders Mühe gibt, was er mit der unbeholfenen Artikulation im Akustikbreak von „Revival Of Feminine Grandeur“ freilich wieder einreißt – das kann die Gitarrenfraktion mit einem starken Solo nicht wieder wettmachen, und das Outro des Albums wirkt trotz guter Ideen ähnlich unentschlossen und nicht zu Ende gedacht bzw. ausgearbeitet wie das Intro.
In der Gesamtbetrachtung fallen Sorrows Path leider auch mit Touching Infinity durchs Qualitätsraster des Doom (sofern man das Doom nennen will, was sie machen – konsequente Schleichgeschwindigkeit bleibt ihnen jedenfalls auch auf diesem Album fremd), wenngleich sie wie erwähnt zumindest andeuten, dass sie das Zeug zu mehr hätten, und zudem der Sound schön klar und dennoch powervoll ist. Anhänger von Memento Mori und Memory Garden können vorsichtig reinhören, sollten aber keine Wunderdinge erwarten.
Roland Ludwig
Trackliste |
1 | Intro To Infinity | 0:28 |
2 |
Fantasies Will Never Die | 4:19 |
3 |
Leneh | 4:28 |
4 |
My Chosen God | 3:43 |
5 |
Metaphysical Song | 4:30 |
6 |
The Subconscious | 4:38 |
7 |
Beauty | 4:48 |
8 |
Forgiveness | 4:26 |
9 |
Revival Of Feminine Grandeur | 4:59 |
10 |
Touching Infinity | 1:02 |
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Besetzung |
Angelos Ioannidis (Voc)
Kostas Salomidis (Git)
George Vichos (Git)
Stavros Giannakos (B)
Fotis Mountouris (Dr)
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