Rhythm’n’Blues Handwerker mit Seele - Mitch Ryder und Engerling in Neuruppin
Seit 25 Jahren sind sie, zumindest in Europa, ein Paar – die Detroiter Rock-Legende Mitch Ryder und die DDR-Blues Rocker Engerling. Auch in diesem Jahr sind sie im Frühjahr wieder gemeinsam auf europäischen Bühnen unterwegs. Norbert hat sich auf den Weg gemacht, um William S. Levise, wie Mitch Ryder bürgerlich heißt, gut 14 Tage vor seinem 74. Geburtstag (Mitchs, nicht Norberts, der hatte schon zwei Tage vor dem Konzert Geburtstag; Red.; aber nicht den 74sten; Nvf) den Puls zu fühlen. Nein, Mitch Ryder sieht nicht mehr so aus, wie bei seinem legendären Rockpalast-Auftritt 1979. Und manchmal, wenn er eine Gesangspause hatte und mit gesenktem Kopf und nach vorne fallenden Schultern, den Schellenkranz herabhängend in der Hand, einfach nur da stand, sah man deutlich, dass man es mit einem auf die 80 zu gehenden alten Mann zu tun hat. Das änderte sich, sobald er das Mikro in die Hand nahm! Auch bei deutlich jüngeren Männern ist es alles andere als selbstverständlich über zwei Stunden mit einer derartigen Präsenz auf der Bühne zu stehen. Ob bei leise intonierten Balladen und Akustikstücken, Rock-, Soul- oder Blues-Krachern bis hin zu extrem geröhrten Passagen, Mitch Ryder hatte jede Emotion voll im Griff und lieferte routiniert und intensiv zugleich eine absolute Voll-Profi-Show ab, die genug Spielraum hatte, um an keinem Punkt (zu) einstudiert zu wirken. Dass dem Konzert dennoch über weite Strecken der richtige Kick fehlte, lag überwiegend an der Band, obwohl auch die obligatorischen, teilweise recht langen Ansagen dafür sorgten, dass sich so recht kein Spannungsbogen aufbaute. Wobei Ansagen, mit denen die Brücke zum Publikum geschlagen werden kann, im Prinzip ja nichts Schlechtes sind. Die Band jedenfalls performte ohne größere Schwächen. Der Keyboarder auf dem linken und der Gitarrist auf dem rechten Flügel lieferten tadellose Soli. Und auch dem zweiten Gitarristen im Mittelfeld wurden seine Minuten an der Sonne zugestanden. Alles solide und ohne Anlass zur Klage. Das Publikum stand dem Ganzen aber im Wesentlichen beobachtend gegenüber. Was fehlte war ein wenig mehr Kommunikation, der Flirt mit dem Publikum, das so weitgehend der Zuschauer blieb, der mit Wohlwollen – und dezentem Mitwippen im Rhythmus - beobachtete, was auf der Bühne passierte. Kurze Gefühlsausbrüche gab es, wenn der Beginn eines erkannten Stücks abgefeiert wurde. Aber der Knoten platzte erst relativ spät – und das bei einem Cover-Song. James Browns „Living in America“ verwandelte den Saal in einen Hexenkessel und bereite die Bühne für eine gut 15-minütige Version des Doors-Klassikers „Soul Kitchen“, die nach allen Regeln der Kunst nicht nur ab-, sondern vor allem mitgefeiert wurde. Klasse! Obwohl ich lieber mehr originale Mitch Ryder-Stücke gehört hätte. Vielleicht sollte man am 26. Februar noch mal ins Berliner Kesselhaus gehen, wenn dort der 74. Geburtstag des Ausnahmesängers gefeiert wird. Tracklist: Do you feel alright? Turn it on Salvador War It wasn’t me Bang Bang Moon Dog House Freezing in Hell It ain’t easy Subterranean Homesick Blues Heaven takes you back Ain’t nobody white Yeah you right Take me to the River Many Rivers to cross Everybody loses If you need the Pain Long Hard Road Living in America Soul Kitchen Norbert von Fransecky |
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