Oddgeir Berg Trio
In The End Of The Night
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Nun, das ist der zweite Streich aus Norwegen, und man ist in etwa bei der gleichen Tagesphase geblieben. Hieß das Debüt-Album “Before Dawn“, so heißt es nun In The End Of The Night. Erneut wurde die Musik im eigenen Bonker Studio eingespielt, in diesem kleinen fensterlosen Studio völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Vielleicht liegt es daran, dass die Aufnahmen lediglich zwei Tage dauerten?
Das jedenfalls hat der Musik nicht geschadet, hier sind keine Schnellschüsse entstanden, gereift sind die Musiker bereits an die Arbeit herangetreten und so konnte man auch ganz professionell geschult daran gehen, was der Eigenart von Jazz sehr entgegenkommt, und das ist Improvisation. Gedanken, aus dem Augenblick umgesetzt, das gewann großen Raum bei der Einspielung.
Und so startet die Musik mit “Vagabond“ entsprechend vagabundierend, nicht großartig an einem Thema festhaltend, sondern gleich losgehend in einen Strudel von Emotionen. Angetrieben vom druckvollem Schlagzeug mit einer gewissen Rock-Attitüde, dazu ein luftiges Pianospiel und dazu ein gestrichener Bass, der den Hauch klassischer Musik einbringt. Dieser Einstieg nach Maß nimmt gefangen, sogleich ist man mitgerissen von dieser unbändigen Energie, die von der Musik ausgeht, und auch hier wieder ist es der verzerrte Bass, der den Sound von Fuzz-Gitarren vergangener Tage wiederaufleben lässt.
Das Oddgeir Berg Trio sollte mit Sicherheit nicht mehr wegzudenken sein innerhalb der heutzutage bestehenden Piano-Trio-Formationen, die drei Musiker setzen wesentliche Akzente für einen Platz in der Spitzengruppe. Wie einst E.S.T. ist diese Band wie aus einem Guss, agiert wirklich gemeinsam als Gruppierung, wenngleich der Name des Leaders auch den Bandnamen anführt. Und jeder der drei Musiker besitzt besondere Eigenheiten, die zu einem Ganzen zusammengeführt werden. Berg als sehr harmonisch und melodisch agierender Pianist, der virtuos und melancholisch gleichzeitig sehr locker und entspannt spielt, dazu Wisløff, der als Bassist gleich mehrere Rollen einnimmt, den swingenden Double Basser als auch den Rocker als auch den Experimentierenden. Abschließend ist es der Schlagzeuger Blomvik, der sowohl mit filigranen, an den Sound von ECM-Kollegen erinnernden als auch mit rockenden Elementen und sehr stark federnd-elastischem Sound eine in sich gestaltete Fusion seines Spieles vorträgt, so dass man mitunter gar nicht weiß, auf welchen Musiker man sich am besten konzentrieren sollte.
Eigentlich sehe ich diese neue Platte als Fortsetzung zu “Before Dawn“, ein Teil Zwei eines faszinierenden musikalischen Kosmos‘, ein Lichtblick im oft festgefahrenen Jazz akademischer Ausprägung. Diese Musik lebt, sie treibt voran, reißt mit, entfacht Begeisterung, sie erfordert sowohl höchste Konzentration, und dann entwickelt sie noch mehr Kraft, spirituelle Kraft, wirkt aber auch genauso stark, wenn man sie ganz einfach laufen lässt. Allerdings erweckt sie dann bereits Aufmerksamkeit, gerade dann, wenn sich solche Stücke wie das mich wirklich umwerfende “The Escape“ einstellen. Mir bleibt nichts anderes übrig, als erneut eine Meisterleistung zu attestieren!
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Vagabond (6:26)
2 American Dream (4:12)
3 The Escape (5:25)
4 List (4:59)
5 Travellers (3:45)
6 Way Home (4:33)
7 Future Has Come (4:01)
8 Lullaby For A.O. (2:52)
9 Stars Aligned (4:38)
10 In The End Of The Night (2:30)
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Besetzung |
Oddgeir Berg (piano, keyboards)
Karl-Joakim Wisløff (double bass)
Klaus Robert Blomvik (drums)
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