Musik an sich


Reviews
Zelenka, J. D. (Semerádová)

Sepolcri


Info
Musikrichtung: Barock

VÖ: 20.1.2012

(Supraphon / Codaex / CD / DDD / 2011 / Best. Nr. SU 4068-2)

Gesamtspielzeit: 65:21

Internet:

Collegium Marianum



EXPORTSCHLAGER

Die Musik Jan Dismas Zelenkas (1679-1745) ist inzwischen zu einem echten Exportschlager der tschechischen Republik geworden. Eine ganze Reihe von Ensembles widmet sich dort sehr engagiert und qualitätvoll der Musik des in Lounovice geborenen Komponisten. Auf der neuen CD des Collegium Marianum gilt es, Frühwerke Zelenkas zu entdecken, die dieser vor seinem Wechsel nach Dresden schuf. Es handelt sich um Musik, die in der Prager Jesuitenkirche am Karfreitagnachmittag erklang. Aufgeführt wurde die Musik an einem beleuchteten, theatergleichen Nachbau des 'Heiligen Grabes' in Jerusalem, gewissermaßen dem Pendant zur weihnachtlichen Krippe. Als musikalischer Teil der Kulisse konnten die sog. Sepolcri oratorisch oder – wie hier – eher kantatenhaft gehalten sein, wurden bisweilen wohl auch szenisch oder halbszenisch präsentiert. Dies allerdings mag man sich bei Zelenkas, aus den Jahren 1709, 1712 und 1716 datierenden Kantaten kaum vorstellen, weisen sie doch mit ihrem sehr ernsten Grundton eher den Charakter echter Andachtsmusiken auf. Dabei erstaunt, wie sehr sich schon in diesen sehr frühen Stücken Zelenkas Personalstil abzeichnet: die expressive, oft düster-verschattete Melodik in den Arien, dazu eine gewisse harmonische oder instrumentale Exzentrik und die Vorliebe für kunstvoll aufgetürmte, ausladende Chorfugen. Elemente, die in ihrer Artifizialität schon bald als altmodisch gelten sollten, obgleich eine solche Ausdrucksstärke mit anderen Mitteln kaum mehr erreicht wurde.

Das Orchester Collegium Marianum präsentiert all dies mit einem sehr warmen, gerundeten Grundton. Die als Leiterin fungierende Flötistin Jana Semerádová schlägt dabei gemessene, würdevolle Tempi, die sie zur rechten Zeit anzieht, um das musikalische Geschehen in Bewegung zu halten. Die Vokalsolisten agieren zurückhaltend und verstehen es somit, den Zug ins Meditative zu unterstreichen. Hier imponiert stimmlich vor allem der Bass Tomáš Král. David Erlers Altus fügt sich mit seinem terracottahaften Timbre gut in den Gesamtklang ein, wenngleich er im Duett der Kantate ZWV 60 Schwierigkeiten hat, sich gegen die sehr präsente Hana Blažíková durchzusetzen. Am eindrucksvollsten aber geraten die erhabenen, so tröstlich wie unerbittlichen Chorsätze. Kaum mag man glauben, dass das Vokalquartett hier nur verdoppelt wurde, so dicht gewoben wirkt - bei hoher Präzision - der homogene Klang.



Sven Kerkhoff



Trackliste
1-9 Immisit Dominus pestilentiam, ZWV 58 (1709) 20:11
10-18 Attendite et videte, ZWV 59 (1712) 22:59
19-27 Deus dux fortissime, ZWV 60 (1716) 22:11
Besetzung

Hana Blažíková: Sopran
David Erler: Altus
Tobias Hunger: Tenor
Tomáš Král: Bass

Collegium Marianum

Jana Semerádová: Ltg.


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