Donizetti, G. (Villazon/Netrebko)
L´Elisier d´Amore (Der Liebestrank)
DAS TRAUMPAAR
Über die Marketing-Maschinerie der Anna Netrebko kann man geteilter Meinung sein - nicht aber darüber, dass sie für die Rolle der Adina in Donizettis musikalisch leichtgewichtigem "Liebestrank" eine Idealbesetzung ist. Und mit dem Tenor Rolando Villazón stand im April 2005 dazu ein Nemorino auf der Bühne der Wiener Staatsoper, der schnell darüber hinweg sehen lässt, dass die aus den 80er Jahren stammenden Inszenierung doch recht hausbacken und angestaubt daherkommt.
Die Netrebko verköpert die kokette Adina mit Frische und frechem Charme. Ihre Koloraturgewandtheit weiß sie geschickt glänzen zu lassen ohne diese in den Vordergrund zu spielen. Mag die Sopranistin möglicherweise den hochdramatischen Partien ihres Fachs noch nicht gewachsen sein, so beweist sie hier mit einer hellen, manchmal leicht rauchigen Stimme doch, dass sie weit mehr ist, als ein bloßer PR-Gag.
Die Unbekümmertheit, mit der sie auf der Bühne agiert, wird perfekt ergänzt durch Villazons starke Bühnenpräsenz und seinen sprühenden komödiantischen Charme. Er verleiht dem tolpatschigen Nemorino stimmlich und darstellerisch eine Vielzahl von Facetten und zieht den Zuschauer dadurch emotional in das Geschehen hinein. Villazons besondere Fähigkeit liegt darin, die tenoralen Gestaltungsmittel in Vollendung, aber stets mit Bedacht und wohldosiert einzusetzen. Seine stimmliche Potenz, sein in der Höhe strahlender, im Mittelband klangsatter und in der Tiefe baritonartig voluminöser Tenor begeisterte dann auch das Wiener Publikum hörbar. Die legendäre Arie "Una furtiva lagrima" hat man gewiß lange nicht so eindringlich gestaltet dargeboten bekommen (weshalb das Publikum den Star zum "da capo" zwang) und in den Duetten Adina/Nemorina treiben sich die beiden Stars gegenseitig zu Höchstleistungen an.
Vor diesem neuen Traumpaar der Oper, das sich leider allzu oft in seichten Galas verheizen lässt, muss notwendig der Rest des Ensembles verblassen. Leo Nucci (Belcore) braucht sich zwar, obgleich die Geläufigkeit seines Baritons nicht mehr dieselbe wie in früheren Tagen ist, stimmlich noch immer nicht zu verstecken. Mimik und Gestik, mit der er den um Adinas Gunst werbenden Offizier spielt, passen aber eher zur Comedy-Version eines alternden Damenfriseurs, als zu einem soldatischen Verehrer. Hier wird die gewollte Parodie teils ungewollt zur Karikatur. Ildebrando D´Arcangelo gibt hingegen einen putzmunteren, forschen Quacksalber Dulcamara ab.
Am Pult des Orchesters der Wiener Staatsoper sorgt Alfred Eschwé mit einigem Aplomb für ein pointiertes, farbenreiches Orchesterspiel. Allerdings ist das Orchester im Klangbild der DVD etwas überpräsent. Auch die Bildqualität dieser ORF-Produktion genügt nicht unbedingt höchsten Ansprüchen. Dem delikaten Operngenuß, den Villazon und Netrebko ihren Fans hier bereiten, tut das aber keinen Abbruch.
Sven Kerkhoff
Besetzung |
Adina: Anna Netrebko Nemorino: Rolando Villazón Belcore: Leo Nucci Dulcamara: Ildebrando D´Arcangelo
Chor und Orchester der Wiener Staatsoper
Inszenierung: Otto Schenk (1980)
Ltg.: Alfred Eschwé
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