Musik an sich


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Beethoven, L.v. (Davis)

Fidelio


Info
Musikrichtung: Romantik / Oper

VÖ: 19.01.2007

LSO Live / Note 1 (2 SACD hybrid (AD: Mai 2006, live) /Best.nr. LSO0593)

Gesamtspielzeit: 120:49

Internet:

London Symphony Orchestra



GROSSES KINO

Ein Fidelio von dramatischer Wucht und orchestraler Hochspannung war es, den Colin Davis im Mai des vergangenen in London zu Gehör brachte und der nun in einem Live-Mitschnitt auf SACD vorliegt. Die hierzu beitragende Besetzungsstärke von Chor und Orchester ist man mittlerweile so nicht mehr gewohnt - sie hat ihre Vorzüge, aber auch ihre Schwächen: Davis beherrscht den riesigen Orchesterappart brillant, weiß ihn mit straffer Hand zu führen und bringt die instrumentalen Effekte perfekt zum Leuchten. Diese mitreissende Klangstärke macht allerdings den Vokalsolisten doch zu schaffen, denn sie benötigen ein hohes Maß an vokaler Durchsetzungskraft und die damit verbundenen Anstrengung hört ist den Stimmen gerade im zweiten Akt durchaus anzumerken.

Der Chor ist in der Massivität und gleichzeitigen Genauigkeit seiner Einsätze eindrucksvoll, vermag aber Transparenz oft nur noch durch einen stark skandierenden Vortrag herzustellen.

So sind es naturgemäß die hochdramatischen Momente, in denen diese Interpretation ihre Vorzüge voll ausspielen kann. Die Befreiungsszene im zweiten Akt ("Er sterbe!") etwa ist ein veritables Klangspektakel im Breitwand-Sound, das einen unweigerlich mitreißt. Entsprechendes kündigt sich auch schon in der vital gespielten Ouvertüre an.

Indes vermögen die Vokalsolisten die Energien, die Davis mit dem Orchester freisetzt, nicht durchweg für sich nutzen, was z.T. auch an einer etwas unglücklichen Aufnahmtechnik liegt, die manche Sänger zu weit im Hintergrund oder im Stereo-Spektrum zu einseitig abbildet.
Stimmliches Duchrsetzungsvermögen beweist allerdings Christine Brewer als expressive Leonore/Fidelio. Ihr Vibrato und ihre forcierte Tongebung passen aber weniger zu der Titelpartie in Beethovens zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstandener Oper, als zu den Wagner-Heroinen, wie sie erst rund 50 Jahre später die Bühne betraten.

Kristinn Sigmundsson alias Rocco gehört ebenfalls eher ins Wagner-Fach und lässt eingangs den komödiantischen Anteil der Partie nicht so funkeln, wie man es sich wünschen möchte. Seine weiteren Auftritte überzeugen indes ohne weiteres.
Als Florestan hat John Mac Master der zu seiner Befreiung eilenden Leonore stimmlich nicht allzu viel entgegenzusetzen und kommt auch nur mit hörbarer Mühe gegen das Orchester an.
Die Sopranistin Sally Matthews ist eine herrlich jung und frisch auftretende Marzelline, während Juha Uusitalo den Bösewicht Pizarro ruhig noch aggressiver hätte gestalten dürfen.
Andres Kennedys Tenorstimme tönt im Auftrittsduett ("Jetzt, Schätzchen") recht eng und lässt auch später Glanz und Geschmeidigkeit vermissen.

Fazit: Zu viel Wagner in den Stimmen, aber ein fantastischer, elektrisierender Orchestersound.



Sven Kerkhoff



Besetzung

Christine Brewer: Leonore
John Mac Master: Florestan
Kristinn Sigmundsson: Rocco
Sally Matthews: Marzelline
Juha Uusitalo: Don Pizarro
Andrew Kennedy: Jaquino
Daniel Borowski: Don Fernando

London Symphony Chorus
London Symphony Orchestra

Ltg. Sir Colin Davis


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