Musik an sich


Reviews
Yellowstone Company

Families halten zusammen


Info
Musikrichtung: Deutscher Schlager

VÖ: 2006

(Bosworth Music GmbH)

Gesamtspielzeit: 44:50


Da es deutschen Musikern anscheinend genetisch bedingt bekanntlich schwer fällt, moderne Countrymusik im Stile ihrer amerikanischen Vorbilder wie z.B. Alan Jackson oder Brooks & Dunn zu produzieren, wird die deutschsprachige Countryszene von Musik bestimmt, die die Nähe zum Schlager nicht verleugnen kann. Galionsfiguren dieses Genres sind Truck Stop, an denen sich fast jede andere Band messen lassen muss, die in diesem Teich schwimmt. Dieser Kelch geht auch nicht an der Yellowstone Company aus Düsseldorf vorbei.

Im Einzelnen:

Das Wichtigste bei einer Countryband ist die instrumentale Umsetzung der Countrysounds, die in Mitteleuropa generell immer ein wenig platter und eindeutiger ausfallen, da man sie anscheinend sofort erkennen muss. Anders in den USA, wo man sich nie so ganz sicher sein kann, ob man gerade einem Pop-, einem Rock- oder einem Countrysong sein Ohr leiht. Obwohl das Album aus deutschen Landen stammt, begrüßen bereits beim Opener "Der siebte Tag des Herrn" groovende Drums und singende Pedal Steels den geneigten Hörer und der Rhythmus verursacht gute Laune. Hier wird der Ruhetag hochgehalten, obwohl man grübeln könnte, ob sich auf Countrymusik nur Freak reimt. Den echten Countryfans dürfte das ein wenig in der Seele wehtun.
Auch bei "Families halten zusammen" lässt sich das musikalische Potenzial ersehen bzw. hören, dass in den fünf Düsseldorfern steckt, denn sauber gespielte Instrumente werden sehr angenehm aufeinander abgestimmt und erzeugen einen harmonischen Background. Einen Wermutstropfen erzeugen jedoch einige Texte, die gerade im Vergleich mit der amerikanischen Countrymusik zu wenig Geschichte erzählen und dafür zuviel Refrain und ein paar Ungereimtheiten enthalten. Dies ist sehr schade, denn auch z.B. "Geht nicht, gibt’s nicht" bietet ein stabiles musikalisches Gerüst, das etwas stabilere Lyrics vertragen könnte.

"Stammbuch" hat da schon etwas mehr zu bieten, denn vor einem richtig flotten Rhythmus wird eine neue Art der Liebeserklärung vorgestellt. Der Gesang kann sich, wie auch bei den meisten anderen Titeln wirklich gut hören lassen, und auch die Harmonyvocals kommen absolut fehlerfrei daher. Eine flockig-perlende Gitarre spielt eine konkurrenzfähige Bridge und beendet ein rundweg gutes Stück. Mit "Zwanzig Jahre nur mit dir" wird die ruhigere Seite der Yellowstone Company vorgestellt, denn die Ballade mit Piano- und Pedal Steel-Begleitung blickt auf zwanzig gemeinsame Jahre eines Paares zurück. So langsam kommt der Verdacht auf, diese Jungs aus Düsseldorf könnten wirklich das Potenzial haben, einige Radiosendungen in diesem Lande mit ihren Songs zu veredeln, denn die letzten beiden Songs waren richtig gut und es fehlte an nichts. Auch "Alles ist Schnee", das Lied von der Vergänglichkeit, kommt flott und beschwingt aus den Speakern und hinterlässt einen guten Eindruck.

"Der innere Schweinehund" scheint mächtig an der Kette zu rütteln, denn hier gibt es richtig rockige Töne zu hören, bei denen jedoch immer noch der Cowboyhut sicht- bzw. hörbar bleibt. Der Kampf des Truckers gegen die Lust auf die hübschen Mädels an der Raststätte ist hier Gegenstand des Songs, der zum Kopfnicken oder zumindest Fußwippen führt und die Gitarren richtig schön in den Vordergrund schiebt. "Wild card", gesungen von dem bandeigenen Italo-Cowboy mit typisch rauer Stimme, ist jedoch weder Fisch noch Fleisch und ist nur mit gewissen Anstrengungen zu verstehen. Ein Titel, auf den man vielleicht hätte verzichten könnte, denn wer möchte Trappatoni Country singen hören? Im Jahr 2006 darf vielleicht ein Fußball-Countrysong nicht fehlen, oder sagen wir lieber: 2006 ist das erlaubt. "Wenn der Ball rollt" ist jedenfalls bedeutend besser aufgelegt und bietet mehr Freude als alle Lieder der Nationalmannschaft zusammen und ist vom Rhythmus einfach nicht zu schlagen. Den Schlusspunkt bildet "Gemeinsam geht’s", wahrscheinlich die Hymne der Yellowstone Company, denn die darin verarbeiteten Weisheiten lassen sich getrost auf die Band projizieren.

Fazit:

"Es muss nicht immer Truck Stop sein" ist das Fazit dieses Albums, denn auch die Yellowstone Company ist in der Lage, richtig gute Countrymusik mit deutschen Texten zu produzieren. Musikalisch sind hier absolut keine Abstriche zu machen, denn jedes Instrument ist da, wo es hingehört, es fehlt keines und es ist nichts übertrieben und überlastet worden. Die Musik versprüht die Energie handgemachter Countrymusik ohne auf deren Leichtigkeit zu verzichten, und manchmal darf es ruhig ein wenig rocken. Ebenfalls sind in den meisten Songs der Gesang sowie der Backgroundchor absolut hörenswert. Bei ein paar Liedern hätte man vielleicht eine andere Tonart wählen sollen.

Bekanntermaßen ist die deutsche Countrygemeinde nicht gerade auf anspruchvolle Texte abonniert, aber es sollte doch möglich sein, auch in Songs von dreieinhalb Minuten Länge schlüssige Geschichten zu erzählen und nicht immer nur Bruchstücke anzudeuten. In einigen Fällen ist dies schon sehr gut gelungen, in anderen lässt sich ein leichtes Defizit ersehen, dass sich jedoch bei zukünftigen Projekten, die hoffentlich erwartet werden dürfen, beheben lassen wird. Insgesamt kann man der Yellowstone Company eine absolut gute Leistung attestieren, gerade wenn man bedenkt, dass das Album nicht von einer großen Plattenfirma unterstützt wurde. Man darf hoffen, dem einen oder anderen Song im Radio zu begegnen. Weiter so!



Lothar Heising



Trackliste
1Der siebte Tag des Herrn 3:31
2Families halten zusammen 3:21
3Geht nicht gibt’s nicht 2:50
4Stammbuch 3:11
5Zwanzig Jahre nur mit dir 3:52
6Mein Navi-System 3:20
7Alles ist Schnee 3:39
8Kann sein, vielleicht 3:32
9Der innere Schweinehund 3:31
10Wild card 3:27
11Wenn der Ball rollt 3:12
12Gott schütze die Wege 3:51
13Gemeinsam geht’s 3:33

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