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Der One-Riddim-Sampler: 16 Mal der gleiche Song auf einer CD - Die fremde Welt des Reggae, Teil 2



Im Oktober hatten wir uns dem Clash gewidmet, einer Spezialität, die es so nur im Reggae gibt. Dieses Mal wenden wir uns bei Studium fremder Musikkulturen dem One Riddim-Sampler zu.

16 Mal das gleiche Stück auf einer CD. Das ist ungewöhnlich. Es sei dann, man befindet sich in der Reggae-Szene. Hier hat das unter dem Namen „One Riddim Sampler“ eine gute Tradition. Wobei das Zusammenfassen der Tracks auf einer CD eine relativ neue Entwicklung ist. Ursprünglich – und oft ist das auch heute noch so – werden die vielen gleichen Songs separat auf Singles veröffentlicht, die dann aber in einschlägigen Magazinen gleich als kompletter Stapel besprochen werden.

Was dahinter steckt, verstehen wir, wenn wir uns virtuell nach Jamaika versetzen und einen merkwürdigen, scheinbar ziemlich herunter gekommenen Schuppen beobachten; und auch dann begreifen wir nur langsam. Ständig rennen irgendwelche Leute in den Schuppen rein, kommen nach einer, vielleicht auch zwei oder drei Stunden wieder raus, während andere schon wieder hineingegangen sind. Manch ein Gesicht kommt uns von bekannt vor – vielleicht von der Titelseite eines Reggae-Magazins. Und manch einer der Kommenden und Gehenden fährt dick mit Goldketten behangen in irgendeinem Protzschlitten vor - von einem halben Dutzend mäßig bekleideter und noch jüngerer Damen begeleitet. Das ganze wirkt wie billigste US-Unterhaltungsware aus den frühen 80ern.

Wir befinden uns vor einem x-beliebigen jamaikanischen Tonstudio. In ihm sitzt ein Produzent, der einen neuen „Riddim“ gebaut hat; auf Deutsch würde man sagen er hat einen Song geschrieben und aufgenommen. Irgendwo anders in der Welt in einer anderen musikalischen Szene würde der Autor jetzt einen Sänger für sein Stück suchen, oder eine Band, die das Stück in ihr Repertoire aufnehmen würde. Aus der Desmond Child-Komposition würde dann ein Alice Cooper-Stück. Nicht so im Reggae auf Jamaika.

Nachdem der „Riddim gebaut“ ist, wird er „gevoicet“. Konkret bedeutet das, dass der Produzent eine Reihe mehr oder weniger bekannter Reggae-Sänger in sein Studio ruft und sie bittet, sich den Riddim anzuhören und darüber zu singen, zu toasten oder zu singsprechen. Einige der Profis sind mit Anhören, Texten und Einsingen in einer Stunde durch. Kein Wunder, das von Heroen wie Bounty Killer, Elephant Man oder Sizzla ein halbes Dutzend Singles oder mehr im Monat auf den Markt geschmissen werden.

Traditionell wurden diese Aufnahmen auf 7“ veröffentlicht. Seit dem Durchstarten des Reggae in Europa in den vergangenen Jahren haben die One Riddim Sampler verstärkt Konjunktur. Jüngst erschienen ist Crystal Woman, ein One Riddim Sampler aus dem deutschen Hause Rootdown- Auf ihm voicen fünfzehn deutsche, österreichische und schweizerische Artists den von Teka gebauten “Crystal Woman“-Riddim. Parallel dazu ist eine internationale Selection erschienen, auf der jamaikanische Artists das Wort ergreifen.

Wie der Sampler genau aussieht, könnt ihr in der Review-Abteilung dieser Ausgabe lesen.
Dabei werden auch einige im Reggae häufig auftauchende Text-Typen erläutert.


Norbert von Fransecky



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