Vivaldi, A. (Cencic)
The Vivaldi Album (Kantaten)
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Info |
Musikrichtung:
Kantate
VÖ: 01.01.2004
Capriccio / Delta Music (CD DDD (AD 2003) / Best. Nr. 67 072)
Gesamtspielzeit: 60:35
Internet:
Capriccio
Max Emanuel Cencic |
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ZWIESPÄLTIG: VIVALDI ZWISCHEN HISTORISCHER AUFFÜHRUNGSPRAXIS UND ROMANTISIERENDER ALLÜRE SELTENES (!) VOM "PRETE ROSSO"
Antonio Vivaldi hat in nahezu allen musikalischen Gattungen seiner Zeit eine Produktivität an den Tag gelegt, die schier unglaublich ist. Da fällt es schon beinahe auf, wenn eine barockmusikalische Spezies von Vivaldi einmal nicht mindestens im Dutzend vorliegt. Z. B. die acht Cantate per Contralto. Bei aller Vielfalt der gestalterischen Mittel, bei aller halsbrecherischen Virtuosität und effektvollen Klangphantasie läßt der Komponist hier eine Ökonomie der Mittel walten, die sich von den Exaltationen jener Stücke, die er für die Sopranstimme geschrieben hat, unterscheidet. Das tiefere Register und die kleine Form der Kantate inspirierten Vivaldi offenbar zu einer differenzierten Behandlung der Singstimme. Das äußert sich in der Verdichtung des Affekts und Verinnerlichung des Ausdrucks, der dann geradezu 'psychologisch' erscheint - verglichen mit den häufig glatten Stereotypen, durch die eine ganze Vivaldi-Oper für den heutigen Hörer dann doch eine recht ermüdende Angelegenheit werden kann.
EIN FALL FÜR M. E. CENCIC ... ODER?
Eigentlich ist es nur konsequent, wenn sich der Countertenor Max Emanuel Cencic nach seinem großartigen Debutalbum mit relativ unbekannten Kantaten Domenico Scarlattis (Best. Nr. 67 067) diesem eher randständigen Repertoire aus der Welt des barocken Ziergesangs widmet.
Im Grunde bestätigt sich der Eindruck, den schon die erste Produktion im vergangenen Jahr hinterlassen hat: Cencic gebietet über eine unglaublich kraftvolle, farbige und bewegliche Mezzo-Stimme, die einmal nicht nur etwas für den "erworbenen Geschmack" ist. Seine Attacke in den schnellen Stücken ist bewundernswert, die expansiven hohen und tiefen Register erlauben eine eindrucksvolle und erregende Orchestrierung der Affekte, in den Kadenzen ebenso wie in den Verzierungen. Allerdings scheint Cencic Vivaldi weniger zu liegen als Scarlatti. Die Tessitura gerade in den ersten beiden Kantaten ist recht tief, der Ausdruck eher verhalten. Da gibt es kein vokales Effektfeuerwerk, das der Sänger abrennen könnte. Alles hängt von einer subtilen Gestaltung ab, damit die Musik nicht in vornehmer Monotonie erstarrt. Nun ist Cencic aber eher bei den starken Emotionen ganz in seinem Element: Der Sänger führt seine Stimme nämlich durchgehend mit einem üppigen Vibrato. So erscheint der schon durch das androgyne Timbre recht hohe "Erregungspegel" der Stimme dadurch noch höher. In den sehr schnellen, aggressiven Passagen und den energischen Registerwechseln (z. B. Cessate, omai cessate) kommt diese vokale Energie sehr schön zur Geltung, weil sie in der Musik ein entsprechendes, auch elastisches Gegengewicht findet. Hier ist das Vibrato - in barocker Manier - ein Ausdrucksmittel. Weniger überzeugend geraten dagegen die ruhigeren, im Affekt gemäßigten Stücke, weil ein entsprechender Fokus hier fehlt. Der Ton wirkt nun entweder unnötig extrovertiert oder "opernhaft" schwer, aber mehr in der Tradition des 19. Jahrhunderts, was leider gar nicht funktioniert. Der Gewinn an Volumen geht auf Kosten eines nuancierten Ausdrucks und der musikalischen Rhetorik, die seltsam verwaschen wirkt. Was zu kurz kommt, ist das Feine und Filigrane, die delikat ausgeformte melodische Linie mit den darin eingewobenen Verzierungen.
Das farbig besetzte Kammer-Ensemble ornamente 99 unter dem Flötisten Karsten Erik Ose musiziert transparent und ausdrucksvoll, steht mit seiner drahtigen Schärfe aber manchmal in einem seltsamen Kontrast zu Cencis Stimme (z. B. die Violine in Track 3!). Der Akzent liegt auf den Details. Man mag zwar den suggestiven Schwung und Klangrausch z. B. der Musica Antiqua Köln vermissen, die die Kantate Cessate, omai cessate in voller barocker Orchesterbesetzung eingespielt hat (DG Archiv). Doch spüren die Musiker dafür hier den subtilen Wort-Ton-Verbindungen sensibel nach und verhelfen der Musik auf eine ganz eigene Weise zu einer durchaus theatralischen Wirkung.
Georg Henkel
Trackliste |
01-03 Omie porpore più belle (RV 685) 04-06 Alla caccia dell'alme e de' cori (RV 670) 07-10 Amor, hai vinto (RV 683) 11-13 Care selve, amici prati (RV 671) 14-17 Cessate, omai cessate (RV 684) |
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Besetzung |
Max Emanuel Cencic (Countertenor)
ornamente 99
Ltg. Karsten Erik Ose
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