(Stattbahnhof Schweinfurt, 16.02.2003)
Als erstes, nachdem wir die kultige Location in Schweinfurt betraten,
sprangen mir die günstigen Preise am Merchandisingstand ins Auge. Je 12 Euro für
aktuelle CD, Bandshirt bzw. Baseballcap liessen mich fast dazu hinreissen den
Typen hinter diesen Stand zu gratulieren und ihm den nicht existenten
MAS-Award für Fanfreundlichkeit umzuhängen. Doch nach folgenden Worten meiner
Begleitung: "Mach uns mit deinem Metalwucher hier die Preise nicht kaputt", hab ich
es dann doch gelassen.
Pünktlich als VENEREA-Sänger/Bassist Mike die Fans in ulkigen Deutsch mit
"Haloo, wiar siand Venerea auss Swedn" begrüsste, fanden wir uns im
Allerheiligsten des Stattbahnhofs ein. Damit wurde uns zwar klar das wir die Band
Scrambled Eggs aus deutschen Landen verpasst haben, aber laut Aussagen einiger
anwesenden Personen konnte man diese Eier wohl nur zum Frühstück verspeisen.
Venerea entschuldigten sich für den letzten Gig in Schweinfurt, der nicht allzu
toll gewesen sein musste und versprachen dem Publikum an diesem Abend alles zu
geben. Diesen Vorsatz machten die skandinavischen Skatepunks auch wahr, was
man zumindest bei der ersten Hälfte des Gigs vom Publikum nicht unbedingt
behaupten konnte. Nach mehrmaliger Aufforderung der sympatischen Schweden im
Publikum etwas mehr Stimmung zu fabrizieren, bildete sich doch noch ein ganz
anständiger Pogopit vor der Bühne. Neben den melodischen, dennoch stark nach
vorne losgehenden und für punkverhältnisse richtig progressiven
Skatepunkklassiker aus dem Hause Venerea, spielten die Jungs auch mit "Make Me Stay" ein
Stück aus ihrem noch nicht in den Läden erhältlichen neuen Longplayer "Out In the
Red". Das Review dieser CD findet ihr übrigens natürlich im aktuellen
Musikansich. Nachdem die Knäckebrotländer dreimal den letzten Song des Abends
ankündigten und trotzdem noch einen drauflegten, war dann endgültig Feierabend und
klar das man sich den Namen "Venerea", nicht nur dank des Wechsels zu einem
grösseren Plattenlabel, merken muss.
Was ich an Punkrock-Konzerten so liebe, sind die kurzen Umbaupausen zwischen
den Gruppen. So drangen auch nach nur wenigen Minute Stille die ersten Töne
des heutigen Hauptacts TEN FOOT POLE an die Ohren der anwesenden Personen.
Spätestens da wurde selbst den Leuten, die bis zu diesem Zeitpunkt nix mit den
Jungs anzufangen wussten und sich ein wenig mit moderner Punkmusik
auskannten, dank dem melodischen Soundanstrich klar, das die Truppe nur in den Staaten
zu Hause sein konnte. Los Angeles war dann auch tatsächlich die Heimat von
Ten Foot Pole und mit etwas Hype der Industrie bzw. Rotation einer der Songs
auf den Musikkanälen, stünde einer Karriere alà diverser Punkboygroups nichts
mehr im Wege, obwohl der Gesamtsound doch um eine Nouance härter war als bei
diesen Chartstürmer. Wirklich gelungen das Ganze, jedoch absolut austauschbar.
Sänger/Gitarrist Dennis Jagard und Basser Mike Levy der Amis achteten stark
auf ihre Performance und waren ständig in Bewegung, was auch den anwesenden
Zuschauern Spass bereitete, während Leadgitarrist Eric Cody cool an der linken
Seite verharrte und einen Eindruck hinterliess als ob er nicht dazugehörte.
Punk sollte ja ursprünglich ein mal politisch motiviert sein und so bezog der
Sänger des Haufens aus aktuellem Anlass ganz klar Stellung gegen einen
Irak-Krieg, was vor allem die zahlreich anwesenden in Schweinfurt stationierten
US-Soldaten zu Jubelstürmen hinriss. Da passte es auch ganz gut, das der
bekennende Ghandi-Fan Kevin Ruggeri an den Drums (auch ein Song, verziert mit viel
Pathos, über den Führer des gewaltlosen Widerstandes war vertreten) seine
Snare-Drum aus Versehen vernichtete und so der Sänger in der unfreiwilligen
Pause improvisierte und nur mit einer Gitarre bewaffnet einen Song über seine
Famile bzw. Heimat darbot, um die Reparaturzeit zu überbrücken. Noch so eine,
allerdings planmässige, One-Man-Jagard-Ballade gab es später noch zu bewundern
und das Programm wurde durch die netten Melodien niemals langweilig.
Stimmungshöhepunkt war, bei dem doch heute recht trägen Schweinfurter Publiku, der
letzte Song, der allerdings den meisten Anwesenden schon von einem populärem
Punkrocksampler bekannt war. Vielleicht lag es ja daran und für das nächste Mal
lernen alle Anwesenden brav die Lieder zur Strafe auswendig.
So neigte sich ein netter Sonntagabend, ohne grosse Höhepunkte aber auch
ohne Tiefpunkte dem Ende entgegen und als wir wieder am Merchandisingstand
vorbeikamen ist mir aufgefallen, das man da sogar wie auf einem arabischen Markt
die Preise aushandeln konnte...und ich war sprachlos.
Manuel Liebler
Internet:
www.venereapunk.com
www.tenfootpole.com