(7.02.2003, Langen)
"K-I-N-D-E-R-T-H-E-A-T-E-R" - diese Buchstaben bekam jeder Besucher mit
einem Stempel beim Einlass auf die Hand gedrückt und jeder True-Metal-Gegner
würde ironischerweise dieses Event so oder so ähnlich titulieren. Für alle
anderen jedoch war das Billing mit den Vorreitern der New-Wave-Of-True-Metal
"Hammerfall", der neuen All-Star-Group "Masterplan" und den schwedischen
True-Metal-Hoffnungsträgern "Dream Evil" eher der sprichwörtliche Himmel auf Erden.
Die ersten ca. 30 Minuten des Abends gehörten DREAM EVIL, die mit dem
Stampfer "Made Of Metal" wohl mit dem inoffiziellen Motto dieses Ereignisses
eröffneten. Die Schweden um Metal-Starproducer Fredrik Nordström machten mit zwei
hervorragenden Longplayern in den letzten paar Jahren auf sich aufmerksam,
doch so ganz konnten sie diesen Eindruck nicht vollständig auf die Bühne
übertragen, was etwa nicht an dem musikalischen Können des Fünfers lag, sondern wohl
eher an dem etwas unsouveränen Stageacting des Frontmanns Niklas Isfeldt,
der sich mit der Bühnensituation wohl noch nicht so richtig anfreunden kann und
nach seinem Gesangsparts lieber den Blick beschämt zum Boden richtete, als
mit den Fans in Augenkontakt zu treten. Was da wohl interessantes gelegen
haben muss ?!? Killersongs wie die Hymnen "Children Of The Night" und "Chosen
Ones", sowie das engagierte Auftreten vom Rest der Truppe, machte diesen kleinen
Makel wieder wett, doch trotzdem hätte ich bei dieser kurzen Spielzeit ein
paar andere Songs aus dem reichaltigen Fundus der Band herausgekramt als
"Fight You Till The End" und "Heavy Metal In The Night", die leider nur Dream
Evil-Durchschnitt darstellen. Für diese Billingposition ging der Auftritt jedoch
mehr als in Ordnung und Routine für höhere Aufgaben stellt sich vielleicht
nach dieser Mammuttournee mit Hammerfall ein.
Das MASTERPLAN-Logo, das anschliessend den kompletten Rücken der recht
opulenten Langener Bühne bedeckte, war wohl eher für Auftritte auf Hauptbühnen
irgendwelcher grossen Festivals vorgesehen und nicht für diverse Club-Gigs. Oder
haben die neuen Himmelstürmer für solche Anlässe sogar noch einen "grossen
Bruder" dieses Stofffetzens in der Hinterhand ?!? Ebenfalls scheinbar nicht
von dieser Welt war das Instrument des Ex-Iron-Saviour-Basser Jan Eckert, das
in Raubfischform(!) gehalten war und sogar im Dunkeln leuchtete. Tja, wem es
gefällt. Die Truppe, die sich auf der Bühne richtig wohlfühlte und eine
eingeschworene Einheit darstellte, präsentierte acht Stücke ihres genialen Debüts
und vor allem der norwegische Sangesgott Jorn Lande zog alle Aufmerksamkeit
auf sich. Der Typ, man höre (vor allem !) und staune, zelebrierte durch Gesten
und Gesang seinen Auftritt regelrecht und auch Roland Grapow liess es sich,
trotz der eingeschränkten Spielzeit nicht nehmen den Fans eine Soloeinlage
seiner beachtlichen Gitarrenkünste darzubieten. Ebenfalls für einen kleinen
Aha-Effekt sorgte der Lockenkopf als er bei "Heroes" die Aufgabe des
Duettpartners von Herrn Lande ohne Probleme übernahm. Für diesen Part war im Studio
immerhin ein gewisser Michael Kiske zuständig. Respekt, respekt ! Apropos
Helloween. Ein Medley diverser Stücke der Kürbisköpfe gab es auch noch, was einen
etwas merkwürdigen Eindruck hinterliess, da die Ex-Band von Grapow und Kusch im
CD-Booklet nicht mit einer Silbe erwähnt wird und auch in den Lyrics die ein
oder andere negative Sache hineininterpretiert werden könnte. Mir persönlich
hätte "When Loves Come Close" oder "Sail On" vom aktuellen Silberling
stattdessen besser gemundet, da so nur wieder einmal der Beweis erbracht wurde, das
jemand besser als Andi Derris singen kann. Doch diese Aufgabe meistern wohl
80 % aller Sänger im Metalbereich ohne Probleme. Auch live kann Masterplan
also Höchstnoten einheimsen und mit dieser Band kann, falls sie auf diesem Weg
bleiben, definitiv auch in der Zukunft gerechnet werden.
Doch nun wurde es Zeit für HAMMERFALL und an den Reaktionen der Fans konnte
man sofort ablesen wegen welcher Band hier die meisten der ca. 1500 Leute den
Weg nach Langen bei Frankfurt auf sich genommen haben. Die Bühne wurde mit
Nebel eingeräuchert, während Bandmaskottchen "Hector" bewaffnet mit einem
Hammer und glühenden roten Augen emporschritt und mit ebenjenen Werkzeug einen
künstlichen Amboss bearbeitete. Jeder Schlag löste ein paar nette Pyroeffekte
aus und man konnte endlich ohne Vorhang, wie bei den Supportacts, die
komplette Pracht der Hammerfall-Stage bewundern. Das Schlagzeug, ausgestattet mit
sechs(!) Bassdrums, wovon vier eher zu Schau beitrugen, thronte über einem
einfahrbarem Tor in luftiger Höhe, durch das die Hammerfall-Recken einzeln unter
viel Applaus zu den Klängen von "Riders Of The Storm" an die Öffentlichkeit
schritten. Wirklich beeindruckend ! Auch der Sound war kein Vergleich zu den
vorherigen Acts, denn die Schweden gönnten sich den Luxus als Knöpfchendreher
den Herrn zu verpflichten, der sogar schon Accept zu ihrem Karrierehöhepunkt
abmischte. Doch nicht nur der Sound hatte sich verbessert, sondern auch der
sympathische, redselige Frontmann Joacim Cans, an dessen Stimme eine
erstaunlich Steigerung im Gegensatz zu früheren Auftritten feststellen konnte. Mit der
aktuellen Setlist bekamen die Fans die absolute Vollbedienung, denn kein
relevantes Hammerfallstück wurde löblicherweise unterschlagen und von den
Balladen wurde nur das absolute Sahnehäubchen "Glory To The Brave" herausgesucht,
bei dem es in der Halle sogar Kunstschnee rieselte und das Publikum mit ihrem
Gesang wie ein weiteres Bandmitglied hinter den Jungs aus dem Knäckebrotland
standen. Da der Gig wie eine typische klassische Metalshow aufgezogen war,
durfte neben jeder Menge Pyroeffekte natürlich auch ein Bass bzw. Gitarrensolo
nicht fehlen, wobei man sich Magnus Rosens "Solo" bzw. "Krach mit dem Hang zur
Selbstdarstellung" eher schenken konnte, jedoch Stefan Elmgrens
Einzelkünste, dank musikalischer Unterstützung der Band, doch recht unterhaltsam waren.
Spektakulär wie eh und je war natürlich auch wieder die "Bekleidung" von
Mr.Metal alias Oscar Dronjak und mich würde schon interessieren wieviel Geld ich
nach der neuen Dosenpfandregelung für ihn bekommen würde, wenn ich ihn der
netten Dame an der Pfandkasse meines Supermarktes abgebe. Nach einem
begeisternden Best-of-Programm, das alle Alben fast ausgeglichen berücksichtigte (von
den insgesamt ca. 20 Nummern stammten fünf vom aktuellen Album) war dann
offiziell Schluss, doch ein paar Tracks fehlten da natürlich noch zum vollkommenen
Glück.
So kehrten die Helden selbstverständlich zu den Klängen von "Templars Of
Steel" wieder zurück auf die Bretter die die Welt bedeuten und gönnten den
Zuschauern noch die aktuelle Single "Hearts On Fire", den alten Gassenhauer
"Hammerfall", ein nettes Abschlussfeuerwerk sowie den Allerwertestens von Drummer
Anders Johannsson. Damit stellte der Schlagwerker eindrucksvoll unter Beweis
das er mindestens genauso bescheuert ist wie sein Bruderherz Jens, seines
Zeichens Keyboarder bei Stratovarius.
Bleibt das Fazit das Hammerfall den True-Metal-Anhängern im Gegesatz zum
Klassenprimus Manowar für fast die Hälfte des Eintrittspreis ein um Lichtjahre
besseres Vorprogramm, ein fachkundigeres Publikum, sowie eine musikalisch und
showtechnisch mindestens gleichwertige Leistung bieten. Einzige nachteilge
Begleiterscheinung des Abends war wohl das Entfernen des
"Kindertheater"-Stempels um irgendwelchen bizarren Gerüchten um meine Person vorzubeugen. Let The
Hammer Fall !!!
Manuel Liebler
Internet:
www.dreamevil.mu
www.master-plan.net
www.hammerfall.net