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Musik an sich
 
The Alice Band und Train
 

(24. Januar, Metropolis - München)

Es gibt sie noch, die Radiosender, die sich nicht nur dem Kommerz, sondern so ganz nebenbei auch noch der Musik verpflichtet fühlen.
So war es auch erfreulich, dass Bayern3 gleich zwei hierzulande unbekannte Bands zum ersten Mal nach Deutschland, ins Metropolis nach München geholt hat: Die aus England stammende Mädchen-Combo The Alice Band und die kalifornische Band Train, die mit ihrem letzten Album Drops of Jupiter sowohl für den Grammy als auch den California Music Award nominiert wurden.

The Alice Band - das sind Amy, Charity und Audrey, die aussehen wie die Dixie Chicks des Rock und nicht nur ein Genuss für die Augen, sondern auch für die Ohren sind: Gut-gemachter Gitarren-Rock gewürzt mit einem kräftigen Schuss Pop, etwas Folk und einer Prise Punk. Stimmlich fühlte man sich zeitweise an eine Heather Nova oder Paula Cole erinnert, garantierte Gänsehaut inklusive beim a-capella-Gesang. Durchaus beeindruckend war auch das Gitarrenspiel der drei jungen Frauen. Doch viel mehr noch übertrug sich der Spaß am Spiel auf das Publikum. Und die Band genoss es sichtlich.
Bayern3-Hörern dürfte The Alice Band bereits ein Begriff gewesen sein, doch auch alle Nicht-Bayern der rund 450 Zuschauer, von denen einige gar aus dem europäischen Ausland anreisten, konnten die Gruppe mit ihrem melodisch-gefühlvollen Pop-Rock begeistern.

Zweifelsohne war aber niemand gekommen, um The Alice Band bewundern zu dürfen. Das überwiegend weibliche Publikum war dann auch sichtlich hingerissen, als indische Melodien das als B-Side veröffentlichte "It's Love" eröffneten und die fünf Wahlkalifornier endlich die Bühne betraten.
Es folgten gute anderthalb Stunden Rockmusik, die zwar nur wenige Momente der musikalischen Offenbarung bereithielten - etwa, wenn Sänger Pat Monahan zum Saxophon griff, um dem als nächste Single geplanten "Something More" einen Jazz-Mantel überzustreifen, oder Gitarrist Jimmy Stafford minutenlang in einem Gitarrensolo versank. Nichts desto trotz wurde beste Unterhaltung geliefert, denn Monahan kann nicht nur singen und seine Hüften kreisen lassen, sondern besitzt auch einen, zugegeben gewöhnungsbedürftigen, dennoch umwerfend-humorvollen Charme und mit Rob Hotchkiss, Charlie Colin (beide Gitarre), Scott Unterwood (Schlagzeug) und Stafford vier Bandkollegen, die ihr Handwerk verstehen.
Da Trains Debütwerk hierzulande noch nicht veröffentlicht wurde (geplanter Termin im April), beließ man es dabei, alle Songs des zweiten Albums Drops of Jupiter zu spielen. Lediglich die Single, die Train einst in den Vereinigten Staaten zum Durchbruch verholfen hatte, "Meet Virginia", das selbstkritische "Free" und der erste Train-Song überhaupt, passenderweise mit eben diesem Titel ("Train") schafften es vom ersten Album auf die Metropolis-Bühne. Die Mischung hätte es allerdings gemacht, sind doch die meisten Jupiter-Songs eher Pop und die gewählten Stücke des Erstlings wenig repräsentativ für die Rockband Train. Das Konzert schleppte sich so zeitweise durch romantische Balladen á la "Getaway" und "Let It Roll", die das Publikum zwar überzeugen konnten, aber leider auch die aufgekommene Rockwelle schnell wieder zum verebben brachten.
Höhepunkte des Abends, die Trains Talent, richtig zu rocken und das Publikum zu begeistern, unter Beweis stellten, waren dann auch zwei Cover-Versionen, die Monahan und Co. zum besten gaben - Led Zeppelins "Ramble On" und John Lennons "Come Together".

Manch einer mag sich an Monahans sarkastischem Humor stören, der sich damit in selbstverliebtem Größenwahn zu üben scheint. Doch darf man ihn nicht ganz so wörtlich nehmen, ist er doch nur ein Rockstar und nimmt vor allem sich selbst und noch lieber seine Band-Kollegen auf die Schulter.
Manch einem mag es nicht gefallen, dass fünf Normalos (mit Familien und ohne jeglichen Skandal) mit nichts wirklich Neuem erfolgreich sind. Doch unbestreitbar bleibt, dass Train nicht nur ein herausragendes Zweitwerk abgeliefert haben, sondern auch live - und das in zunehmendem Maße - überzeugen. Hielt man sich bei einem Showcase im Hamburger Grünspan im vergangenen Frühsommer noch sehr zurück mit Improvisationen, ließen Train in München ihren Gefühlen und Talenten freien Lauf. Monahan selbst agierte zunehmend aktiver, stellte sich als Trompeter und Percussion-Drummer unter Beweis. Die anderen Bandmitglieder überzeugten nicht minder: Hotchkiss am Klavier ("Drops of Jupiter"), Stafford und Colin mit Gitarrensolis und Monahan und Underwood im Percussion-Duet.


Musik zum Tanzen, zum Mitsingen, zum Dahinschwelgen. Ein Konzererlebnis, dass einem noch eine Weile in Erinnerung bleiben wird, auch wenn - oder gerade weil - es nicht perfekt war.
In Zeiten von tausendprozentig durchgestylten und ebenso oberflächlichen Pop-Shows - was will man mehr als solche Musik?

Katja Wenk

 

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