Steve Lehman / Orchestre National de Jazz

Ex Machina


Info
Musikrichtung: Contemporary Bigband-Jazz-Fusion

VÖ: 20.10.2023

(ONj)

Gesamtspielzeit: 71:01

Internet:

https://www.stevelehman.com/
https://www.onj.org/
https://mosaik-promotion.de/


Der Saxofonist Steve Lehman wurde 1978 in New York City geboren. Wie zu lesen ist, bezeichnete man ihn in der New York Times als "modernsten musikalischen Denker" und "umwerfenden Saxofonisten". Ein Album aus 2014 wurde von NPR Music und der Los Angeles Times zum Jazz-Album Nr. 1 des Jahres gewählt.

Selbst bezog er Inspirationen von Musikern wie Anthony Braxton und Pheeroan akLaff, dem dann auch der fünfte Track der Platte gewidmet ist, "Ode to akLaff". Diese aktuelle Produktion, Ex Machina ist gemeinsam gestaltet worden mit dem Orchestre National de Jazz, mit Frédéric Maurin an der Spitze. Von ihm stammen dann auch die Kompositionen zu den Stücken 1 und 8-11, der Rest von Lehman. Maurin beschäftigt sich mit Musik an der Schnittstelle zwischen zeitgenössischer Musik und Jazz. Hierbei bedient er sich auch der Mittel Künstlicher Intelligenz (KI).

So berichtet die Presseinfo hierzu wie folgt: . Daraus entstanden ist die KI IRCAM Amplify, die es Steve Lehman und Frédéric Maurin ermöglicht hat, den altbekannten Jazz zu revolutionieren. „Ex Machina“ erkundet neue musikalische Pfade, indem es Echtzeit-Interaktionen zwischen Solisten und der Maschine innerhalb eines großen Jazz-Ensembles entwickelt und dabei ein spannendes, noch nie dagewesenes Hörerlebnis schafft.

Somit stoßen wir hiermit auf ein ganz neues Konzept von Musik für eine Bigband. Neben den Jazz-Elementen und solchen der Fusion-Bewegung des Jazz' treffen wir immer wieder auf elektronisch wabernde Klangschwaden, durch die sich dann Instrumente wie beispielsweise ein Vibrafon ihren Weg bahnen, als Beispiel sei hier "Chimera" genannt. Gleichwohl bleibt es mir überlassen, Assoziationen freien Lauf zu lassen. Denn, und das geht mir gleich von Beginn so, purzeln in diesem Zusammenhang Namen wie Frank Zappa, Steve Coleman, Carla Bley/Paul Haines ("Escalator Over The Hill") oder diverse Kompositionen für Bigband von Gil Evans, der es sich auch nicht nehmen ließ, elektronische Bearbeitungen mit einzuflechten.

Hier ist es oft das Unerwartete, dass an der nächsten Ecke lauert und das Hörerlebnis zu einer stets spannenden Angelegenheit macht. Plötzlich übernimmt eine Tuba einen Teil mitgestaltender Rhythmik, jazzige Passagen mit dem Vibrafon oder dem Piano werden durch zeitgenössische Fetzen elektronischer Bearbeitung unterbrochen, Klangschichten, die von Bläserarrangements angereichert werden. Ja, diese Synthese der Elemente ist absolut perfekt gelungen und schafft Freiräume und wirklich neue Hörerkenntnisse, die viel Spannung erzeugen. Was mir auffällt, ist, dass sich Lehman selbst relativ stark zurückhält als Solist, kann aber durch gelegentliche Auftritte, wie etwa bei "Les treize soleils" sein kreatives Können aufzeigen und erinnert mich dann ein wenig an Steve Coleman.
Ja, als Hörer*in ist man stark gefordert, um diese komplexen Kompositionen gezielt auf sich einwirken zu lassen. Man kann diese Musik zwar auch nebenbei hören, doch sollte man sich Zeit und Muße gönnen, sich ganz tief einzulassen auf dieses Erlebnis!



Wolfgang Giese



Trackliste
1 39
2 Los Angeles imaginary
3 Chimera
4 Alchimie
5 Ode to akLaff
6 Jeux d'anchess
7 Les treize soleils
8 Speed-freeze (Part 1)
9 Speed freeze (Part 2)
10 Le seuil (Part 1)
11 Le seuil (Part 2)
Besetzung

Steve Lehman (alto saxophone, electronics)
Jonathan Finlayson (trumpet)
Chris Dingman (vibraphone)

Members of Orchestre National de Jazz:

Frédéric Maurin (direction, electronics)
Fanny Ménégoz (flute, alto flute, piccolo)
Catherine Delaunay (clarinet, basset horn)
Julien Soro (tenor saxophone, clarinet)
Fabien Debellefontaine (baritone saxophone, clarinet, flute)
Fabien Norbert (trumpet, flugelhorn)
Daniel Zimmermann (trombone)
Christiane Bopp (trombone)
Fanny Meteier (tuba)
Bruno Ruder (piano, synthesizer)
Stéphan Caracci (vibraphone, marimba, glockenspiel, percussion, synthesizer)
Rafaël Koerner (drums)
Sarah Murcia (double bass)
Jérôme Nika (generative electronics creation & artistic collaboration)
Dionysios Papanikolaou (IRCAM electronics)



 << 
Zurück zur Review-Übersicht
 >>