Faithful Breath

Skol


Info
Musikrichtung: Metal

VÖ: 08.01.2021 (1985)

(High Roller)

Gesamtspielzeit: 34:56

Internet:

http://www.hrrecords.de


So richtig vorwärts ging es mit der Karriere von Faithful Breath auch nach dem guten Gold’n’Glory-Album nicht. Der Pleitegeier fraß ihr Label Mausoleum Records, und der Nachfolger Ambush Records war gleichfalls nicht sonderlich marktmächtig, was das neue Album Skol strukturell so ein bißchen verhungern ließ. Auch bandintern gab es einige Umschichtungen. Zum einen mußte mit Bassist Horst „Piet“ Stabenow eines der ganz frühen Mitglieder ersetzt werden – er versuchte kurze Zeit später, eine neue Combo namens Magic Power (so hieß der Vorläufer von Faithful Breath in den 60ern) zusammenzustellen, brachte dann aber ein selbstbetiteltes Album einer Combo namens Syntra heraus und konzentrierte sich in der Zukunft eher auf seine Tätigkeit als Produzent. Peter Dell übernahm den Baß bei Faithful Breath – nachdem das neue Quartett Skol eingespielt hatte, nahm aber auch Zweitgitarrist Andy „Bubi“ Hönig seinen Hut. Sein Ersatz Thilo Herrmann ist auf dem Backcover abgebildet, auf der Scheibe aber nicht zu hören – man verzichtete darauf, Hönigs Gitarrenspuren zu ersetzen. Faithful Breath kamen aber erneut auf keinen grünen Zweig, verordneten sich eine Denkpause, brachten zur Überbrückung eine Livescheibe heraus, beschlossen einen abermaligen Stil-, Image- und diesmal auch Bandnamenswechsel und schoben sich unter dem Namen Risk ins gemäßigte Thrash-Lager, freilich erneut mit einem anderen Zweitgitarristen: Da Herrmann zu Holy Moses abgewandert war, ergänzten sich Risk mit Roman Keymer von Angel Dust – und als Herrmann nach relativ kurzer Zeit reumütig zurückkehrte, weil die Lage bei Holy Moses nicht so war wie von ihm erhofft, nahmen Risk ihn wieder auf und agierten fortan als Quintett, in dem Heinrich „Heimi“ Mikus nun nicht mehr Gitarre spielte, sondern „nur“ noch sang.
Aber das war 1985 alles noch Zukunftsmusik im wahrsten Sinne des Wortes. Hört man Skol, so fällt auf, dass die neun Songs immer noch im klassischen Metal lagern, aber nur noch relativ selten Accept-Parallelen festzustellen sind, solche allerdings gleich im eröffnenden Stampfer „Start It Up“ auftreten, wo das Solo wiederum weit zurück in der Musikgeschichte geht und seinen latenten Blues-Einfluß weder verhehlen kann noch will. Auffällig im Vergleich mit dem Vorgänger ist der Fakt, dass keine zügige Nummer das Album eröffnet, sondern eine temposeitig gemäßigte – Faithful Breath hatten offensichtlich erkannt, dass die Härtespitze der deutschen Metalszene im Verlauf nur eines Jahres praktisch uneinholbar enteilt war (auch als Risk gehörten die Musiker später keineswegs zur Extremistenfront im Thrash). Dass sie trotzdem sehr kernig unterwegs sein wollten, zeigt gleich der zweite Song, der speedige Doublebassknaller „Double Dealer“, der allerdings im Solo eine eigenartige psychedelische Ausprägung der Gitarrenlinie an den Tag legt – falls von den beiden Co-Komponisten Mikus und Dell erstgenannter auf die Idee gekommen sein sollte, haben wir hier ein weiteres Anzeichen für den Rückgriff auf ganz frühe Stilelemente der Combo. „Lady M.“, die mit vollem Namen Lady Midnight heißt, kommt in gerade mal zweieinhalb Minuten zur Sache und wurde von Norbert in seinem Review zur Double Thing-CD, die das Material von Gold’n’Glory und Skol bündelt, treffend als „rock’n’rolliger Thrash“ umschrieben. Mit der relativ zügigen Hymne „Rock Rebels“ (auch latente Accept-Parallelen) und dem auf der B-Seite stehenden Speedie „Backstreet Heroes“ stehen auf Skol noch zwei Songs, an denen Hönig mitkomponiert hat, und beide passen sich problemlos ins Gesamtbild der Scheibe ein – keine Spur, dass Hönig etwa nur noch halbherzig bei der Sache gewesen sei. Die einstige LP-A-Seite wird mit „We Want You“ abgeschlossen, anfangs das Pendant zu „A Million Hearts“ vom Vorgängeralbum, aber später etwas mehr zupackend als dieser Song und sich ein bißchen in Richtung Metal-Hymne bewegend, allerdings durchgehend im schleppenden Tempo verharrend und im letzten Refrain die mögliche Live-Mitsing-Einbindung schon anlegend – der Text assoziiert entsprechend eine Situation des Mittuns der Anhängerschaft in der Konzertsituation, und im Refrain singt daher auch schon ein gefühlt enorm großer Chor mit.
Seite B eröffnet mit „Inside Out“, wo Norbert mit „treibend“ abermals das treffendste Adjektiv gefunden hat. „Crazy In Metal“ gestaltet sich erneut als hymnischer Midtempo-Metal, dem allerdings ein etwas weniger konstruiert wirkender Refrain und ein ideenreicheres Solo zu wünschen gewesen wären. Im Refrain shoutet Mikus die titelgebenden Worte einfach in ein und derselben Höhe, während im Hintergrund eine extrem hohe Power-Metal-Sirene zu hören ist. Da über eventuelle Gastmusiker nichts zu erfahren ist, muß das also entweder Herrmann, Dell oder Drummer Jürgen Düsterloh sein, die allesamt für Backing Vocals angegeben werden – und da fragt man sich dann schon, wieso dessen Möglichkeiten nicht zielführender eingesetzt wurden. „Backstreet Heroes“ sieht Mikus etwas melodischer singen – und schon wird wieder ein starker Refrain draus, der sich in diesen Speedie gekonnt einfügt. Der abschließende Titeltrack ist ein wenig komplexer strukturiert, was das Drumming im Intro angeht, über das sich dann eine eher schlichte Gitarrenlinie legt, bevor ein Doublebassknaller losbricht, der nur in der Bridge nochmal abgestoppt wird, im Refrain die schlichte Gitarrenlinie als Gesangsmelodie zweitverwertet und nach dem Solo die Nummer in besoffenen Piratenmetal abkippen läßt. Falls Rolf Kasparek diesen Song damals gehört haben sollte, könnte der Kurs, den Running Wild auf Under Jolly Roger einschlugen, verständlich werden. Für Faithful Breath dagegen bildete er den Abschluß ihrer Wikinger-Periode – mit Risk begaben sich die Musiker textlich in die Realität, auch wenn die lustigen Tier-Coverartworks von Sebastian Krüger wiederum etwas ganz anderes verhießen.
Wer dieses letzte Faithful-Breath-Studioalbum verpaßt hat, aber auf gutklassigen deutschen Mittachtziger-Metal steht, der kann bedenkenlos zugreifen, wenngleich die Qualität der Refrains diejenige des Vorgängeralbums knapp verfehlt und ein ganz großer Hit wie dessen Titeltrack hier nicht konstatiert werden kann. Produziert haben diesmal übrigens nicht Michael Wagener und Udo Dirkschneider (daher vielleicht auch die geringer ausgeprägten Accept-Parallelen), sondern Gerd Rautenbach in den Studios von Dieter Dierks. Der Re-Release von High Roller Records kommt wieder ohne Bonustracks, dafür mit behutsamem Remastering von Patrick W. Engel, dem zweiten Teil des Interviews von Matthias Mader mit Mikus (mit einer Fragenüberschneidung zum ersten Teil) im Booklet und zusätzlicher Posterbeilage des Covers, das diesmal keine Zeichnung zeigt, sondern ein Foto des besoffenen Mikus im Wikingeroutfit mit Trinkhorn, was ähnlich unfreiwillig komisch wirkt wie die Szene des Albumvorgängers.



Roland Ludwig



Trackliste
1Start It Up4:04
2Double Dealer3:36
3Lady M.2:31
4Rock Rebels3:49
5We Want You5:01
6Inside Out3:38
7Crazy In Metal4:06
8Backstreet Heroes3:36
9Skol4:42
Besetzung

Heinrich “Heimi” Mikus (Voc, Git)
Andy “Bubi” Hönig (Git, real zu hören)
Thilo Herrmann (Git, Backcoverbild)
Peter Dell (B)
Jürgen Düsterloh (Dr)



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