Valient Thorr
Old Salt
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Mit dem Namen Valient Thorr hatte der Rezensent in seinem Hirn irgendwie eine Doomband verknüpft, ohne dass er jetzt rekapitulieren könnte, wie diese Verbindung zustandegekommen ist und ob die bereits seit 2001 musizierende Formation früher vielleicht irgendwie anders geklungen hat. Doom gibt es jedenfalls auf Old Salt nicht zu hören, wie schon der Opener „Mirakuru“ klarmacht, wenngleich das Quintett in den Folgesongs das Tempo zumindest für kurze Momente durchaus auch nach unten in Doomregionen schraubt, etwa gleich im Refrain des folgenden „Lil Knife“, das im Hauptteil aber durchaus flott zu Werke geht. Die beiden Nummern helfen bei der stilistischen Einordnung aber auch nicht entscheidend weiter, denn jede folgende kann wieder anders klingen. Mal schimmert der klassische skandinavische Rock’n’Roll der Hellacopters-Bauart durch, aber die wären über die schrägen Rhythmusverschiebungen im Opener gestolpert und munter durcheinandergepurzelt. Selbiger beinhaltet übrigens gleich zwei Gitarrensoli, die vermuten lassen, dass die beiden Sechssaitenbediener durchaus auch in einer echten Metalband gut aufgehoben sein könnten, was sie in den doppelläufigen Harmonieparts von „No Count Blues“, das mit Blues wenig bis nichts am Hut hat, gleich nochmal demonstrieren. Dann hätten wir bisweilen noch Ahnungen von Monster Magnet, allerdings in ihrer geerdeten Phase – trotz des Backcovers mit den durch den Orbit schwebenden Kosmo- oder Astronauten, von denen einer auf dem Cover zur Ruhe mahnt, finden sich keine Spacerockanleihen bei Valient Thorr, statt dessen aber in „The Trudge“ bisweilen ein typischer Gitarreneffekt aus dem Arsenal von Dave Wyndorf. Diffus diagnostizieren kann man darüber hinaus auch noch ein paar Anleihen im Southern Rock, wozu nicht zuletzt ein öfter zu hörender und beispielsweise „Jealous Gods“ prägender slideangehauchter Gitarrensound zu rechnen ist. Wer jetzt anhand des Gesangs des Menschen mit dem offenkundigen Pseudonym Valient Himself Orientierung sucht, findet sich ähnlich hilflos wieder – es dominiert ein leicht heiserer Appellgesang, aber schon die Heiserkeitsstufen variieren, und beispielsweise „Cut And Run“ umschreitet ein Territorium von blackmetalkompatiblem hysterischem Geschrei bis zu AOR-Crooning im Refrain.
So weit, so konfus anmutend – aber irgendwie ergibt sich doch ein Gesamtbild der 43 Minuten, wenn auch auf einem Umweg: Wer sich vorstellen könnte, dass Motörhead nach March Or Die richtig experimentell geworden wären (und Lemmy, der übrigens unter den Widmungsträgern des Albums auftaucht, einen Co-Sänger eingestellt hätte), der findet vielleicht gedanklich einen Zugang zu diesem Werk. Dabei könnten Valient Thorr durchaus viel eingängiger zu Werke gehen, wenn sie das denn wollten – den epischen Refrain von „The Trudge“ kann man sich in geringfügig anderer Abmischung auch im traditionellen Epic Doom vorstellen. Und „Looking Glass“ würde mit ein paar Wendungen weniger und einem zugänglicheren, unlärmigeren Solo sozusagen den „Hit“ des Albums darstellen, weshalb das neben „Mirakuru“ auch einer der beiden Songs ist, zu denen das Quintett ein Video gedreht hat. Trotzdem muß der Rezensent bekennen, dass er auch nach etlichen Durchläufen keinen Zugang zur Musik auf Old Salt findet und ihr, obwohl er dem progressiven Musizieren in bestimmten Kontexten durchaus aufgeschlossen gegenübersteht und auch durchaus den im bisherigen Reviewtext genannten Bands und Stilistika zugeneigt ist, auf Dauer wenig bis nichts abgewinnen kann. Vielleicht muß man die Combo erstmal live gesehen haben, um sie zu verstehen – selbst wenn auch dann nutzbringend wäre, das Studiomaterial vorher analysiert zu haben, um das Bein im richtigen Rhythmus mitwippen zu lassen und keinen der zahlreichen Rhythmuswechsel zu verpassen. Dass die Lyrics im Booklet in einer völlig anderen Songreihenfolge abgedruckt sind als der auf der CD zu hörenden (und auf der Rückseite des Digipacks auch korrekt aufgedruckten), paßt irgendwie ins seltsam verschrobene Bild dieser Veröffentlichung, ebenso wie das völlig inkonsistente Artwork von Valient Himself, das offenbar eine schizophrene Persönlichkeit porträtieren soll. Wer sowas haben will, findet hier vielleicht interessantes Futter, und da Old Salt schon das siebente Album der US-Combo um Herrn Valient und seine immer wieder umbesetzten Thorrs ist (die Liste der Ex-Mitglieder im Booklet, denen Dankesworte ausgesprochen werden, ist lang), muß es ja Leute geben, die das kaufen – der Rezensent aber kapituliert nach etlichen Durchläufen entnervt, stellt die CD ins Regal und wird sie voraussichtlich von dort nie wieder hervorholen.
Roland Ludwig
Trackliste |
1 | Mirakuru | 4:06 |
2 |
Lil Knife | 3:48 |
3 |
Cut And Run | 4:19 |
4 |
No Count Blues | 3:17 |
5 |
The Trudge | 5:21 |
6 |
Worm Up | 5:46 |
7 |
Spellbroke | 4:15 |
8 |
Linen Maker | 2:02 |
9 |
The Shroud | 3:44 |
10 |
Looking Glass | 3:39 |
11 |
Jealous Gods | 3:35 |
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Besetzung |
Valient Himself (Voc)
Eidan Benjamin Earl Thorr (Git, Voc)
Deimos Thorr (Git, Bvoc)
Storm Thorr (B, Bvoc)
Igdaliyah Christopher Thorr aka Iggy (Dr)
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