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Ein Leben zwischen Metallica und Jesus – Megadeth-Mastermind Dave Mustaine erklärt sein Leben
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Dave Mustaine wirft den Schatten eines tragischen Helden in die Rockgeschichte. Gründungsmitglied der größten (Thrash) Metal Band aller Zeiten muss er Metallica kurz vor dem ersten großen Durchbruch verlassen und steht mit Megadeth zeitlebens im Schatten von Lars Ulrich und Co. Da hilft auch alle Lehnstreue der beinharten Fans nicht, die in Megadeth die echte, wahre Thrash-Band neben den Kommerzverrätern Metallica sehen.
Das Verhältnis zu Metallica ist die eine große Konstante, die sich durch das Buch zieht. Das ist gut und schade zugleich. Zum einen hat man all das, was Mustaine hier erklärt, schon tausendmal gehört oder gelesen; zum anderen gehört die Verletzung (durch Metallica, ihn selbst, oder einfach das Leben, das möge jeder für sich entscheiden) einfach zu der Person Dave Mustaine dazu. Jede andere Darstellung wäre also verlogen.
Und so ist der Zwiespalt und die Widersprüchlichkeit seiner Lebensbeichte vielleicht genau das „Echte“, was ihm seine Fans immer wider zugestehen. Wenn Mustaine auf der einen Seite beteuert, dass das alles Vergangenheit ist, er seine (Mit)schuld an vielem einsieht und nicht nachtragend sei, merkt man doch immer wieder, dass das mehr ein frommer Wunsch ist. Mustaine will ein reines Verhältnis zu seiner Vergangenheit finden, aber die Phantomschmerzen des Verlustes holen ihn in fast jedem Kapitel wieder ein.
Und so wird immer wieder – verzeihend und gallig zugleich – betont, dass sein Anteil an den ersten Metallica Alben weit größer ist, als Metallica es darstellen; ja dass das Metallica-Debüt im Prinzip ein Dave Mustaine Album sei.
Und so geht es durch die ganze Biographie hin und her. Mustaine beichtet seine Sünden - sei es seine Unzuverlässigkeit bei Metallica, der oft raue Umgang mit „seinen“ Bandmitgliedern und Partnerinnen, oder auch seine immer wieder von Entzug und Rückfall geprägte Drogenkarriere. Und kaum ist die Beichte raus, kommt im nächsten Satz sofort die Mitleid heischende Klage über das ungerechte Leben, das ihn wieder mal gefickt hat.
Ja, und dann ist da der große Bruch – zwischen dem Damals, das erzählt wird, und dem Heute, das er lebt. Das große Vorzeichen unter dem das Heute steht heißt Jesus Christus. Hier hätte Mein wahres Ich wirklich spannend werden können.
Mit einer für das Buch untypisch zurückhaltenden Kritik schildert er kleine Einblicke in seine Kindheitserfahrungen bei den Zeugen Jehovas, denen seine Mutter treu ergeben war. Auch unter ihr scheint er stark gelitten zu haben. Aber auch sie wird mit nur sehr vorsichtiger Kritik bedacht.
Der Glaube aber, zu dem er dort gezwungen werden sollte, der bekommt sein Fett voll ab.
Heute hat Mustaine ein neues Verhältnis zum Glauben gefunden, der ihn nun angeblich stärkt, trägt und fähig macht mit den Widrigkeiten des Lebens umzugehen.
So ganz glaube ich ihm das noch nicht. Oft erscheint es auch hier, als sei Wunsch der Vater des Gedankens gewesen. Aber das ist ja auch gut so. Der Trost des christlichen Glaubens beruht ja nicht zuletzt darauf, dass er dem Menschen die Gnade zusagt, gerade in seiner Unvollkommenheit angenommen zu sein.
Dennoch wäre es interessant gewesen, etwas mehr über den Weg zu erfahren, den Mustaine geistlich und gedanklich zurückgelegt hat bis er seinen Jetzt-Zustand erreicht hat. Dazu hätte es aber wohl einer etwas abgeklärten Selbstdistanz bedurft, die Mustaine eher selten zeigt. Und hier schließt sich der Kreis wieder. Wahrscheinlich erscheint Megadave seinen Metal-Fans deshalb so true, weil er sie noch nicht so recht in Richtung eines abgeklärteren Erwachsen-Seins verlassen hat.
Norbert von Fransecky
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