Musik an sich


Reviews
Sabina Leone

Mancare


Info
Musikrichtung: Pop /Folk / Chanson

VÖ: 07.12.2007

(Künstli.ch)

Gesamtspielzeit: 54:40

Internet:

http://www.sabinaleone.ch
http://www.kuenschtli.ch/bands/sabinaleone/


Sabina Leone legt mit Mancare ihr Debütalbum vor, ein Neuling ist die Schweizerin jedoch nicht. Seit Anfang der Neunziger war sie zunächst mit der Girlband Wemean als Schlagzeugerin und später mit ihrer Schwester Patrizia unter dem Namen Sorelle Leone als Instrumentalistin und Sängerin unterwegs. Das über das kleine Schweizer Label künstli.ch vertriebene Werk stellt sich als Gesamtkunstwerk in Kleinstauflage dar. Mancare heißt soviel wie „Es fehlt etwas“ oder „etwas vermissen“, und so wird die erste Auflage des Albums recht aufwändig in einem schwarzen Digipack geliefert, auf der Interpret und Titel eingestanzt wurden und so beim bloßen Betrachten ein reines schwarzes Cover vor einem liegt. In der Innenseite ist das Konterfei der Künstlerin auf gleiche Weise abgebildet, man sieht es nur bei einem Blick gegen das Licht. Auf die Spitze wird das Konzept jedoch mit dem eingehefteten achtseitigem Booklet getrieben, denn dieses besteht auch nur aus schwarzen Seiten. Das Konzept ist so zwar griffig, aber die Idee ist zum einen nicht neu (Sigur Ros machten bei ( ) Ähnliches) und es ist auch ein wenig schade, denn die Intensität des Gesanges und der Musik will vieles und wohl auch ernstes ausdrücken, da wäre es schön gewesen, die Texte anbei zu haben. Dies ist bei Sigur Ros ja ein wenig anders gelagert, nicht dass die Band nichts zu sagen hätte, aber insbesondere bei ( ) hatten sie ja darauf hingewiesen, dass der Gesang mehr als zusätzliches Instrument zu sehen ist, dies ist bei Mancare sicherlich völlig anders.

Das ist aber ein recht kleiner Schwachpunkt des Gesamtwerkes, denn die Musik ist wundervoll, und wie vom Label kategorisiert ist dies sicherlich kein Pop. Es ist vielmehr eine sehr atmosphärische Musik zwischen Chanson und auch ein wenig Neofolk. Die betörend schöne, meist sehr hoch eingesetzte klassisch angehauchte Stimme schwankt zwischen Sehnsucht und Wehklagen. Die Atmosphäre wird durch die sparsame, mit akustischer Gitarre, Cello und bzw. oder Klavier sowie der dem Postrock der späten Talk Talk ähnlichem, eher jazzigen Perkussion hervorragend unterstützt. Die Produktion ist glasklar und dass die Instrumentalisten ihre Instrumente beherrschen steht außer Zweifel.

So gleitet man mit dem Opener "Senza Tempo" mit einem Walzerrhythmus, der von einem Akkordeon französisch anmutend vorgetragen wird, in das Album hinein. Vorangetragen wird das Stück von eben diesen sanften und doch scheppernden Perkussionen und es klingt aus mit den Klängen einer Spieluhr. "De Nous Deux" dagegen ist von einer beschwingten akustischen Gitarre zu einem eher jazzigem Bassspiel betont, zu dem Sabina sehr hoch aber melodisch singt. Die Melodie und die Harmonien sind doch sehr eindeutig dieselben wie im "Turtles Hit Happy Together". Es ist eine wundervolle Coverversion, wenn auch mit anderem Text. Der dritte Song "Corrono I Pensieri" ist hingegen von einem wundervollen Flügel betont, zu dem Sabina zweistimmig wundervoll singt. Das von Windgeräuschen eröffnete "Essere Libera" setzt dann noch mehr auf Atmosphäre, die durch Becken erzeugten Windgeräusche, die Schifferklavierklänge und Harmonien führen dann in eine etwa straffere, chansonartige Passage, die weiterhin vom Schifferklavier betont ist. Völlig anders erklingt dann "Para Qúe", dessen akustische Gitarrenklänge und das scheppernde Schlagzeug mich an eine akustische Version früher The Cure (zur Seventeen Seconds-Zeit) oder auch Bauhaus erinnert. Auch dies klingt hervorragend unter der Führung der im Mittelteil abhebenden Sabina.

Wie die Sprachen Italienisch, Spanisch und Französisch wechselt auch die Musik sehr oft zwischen den eben beschriebenen Stilen. Es wird auch mal orientalisch anmutend wie in "Irraggiungibile" oder es gibt die große Ballade nur zum Flügel wie in "Cosa Potrei Dirti". Aber es kommen auch noch eher schwierig zu hörende Stücke wie das nur zu dunkler Perkussion gesungene "Esas Viejas Cosas".

Damit sollte das Spektrum dieser tollen Scheibe beschrieben sein. Diese dreizehn Stücke sind wirklich Atmosphäre und Gefühl pur, sicher nichts zum Nebenbeihören, doch Freunde von Dead Can Dance und ähnlicher Musik sollten an diesem Werk viel Freude haben.



Wolfgang Kabsch



Trackliste
1Senza Tempo 3:25
2De Nous Deux 4:24
3Corrono I Pensieri 4:47
4Essere Libera 5:01
5Para Qúe 3:55
6Irraggiungibile5:47
7Cosa Potrei Dirti3:33
8Nemmeno Parrole 2:48
9Ore Per Ore 3:27
10Esas Viejas Cosas 5:04
11Pescatore 5:27
12Accarezzami 3:01
13Luce del Sud 4:01
Besetzung

Sabina Leone – Gesang, Instrumente
Anninia Schumacher – Cello
Igor Boegov – Rahmentrommel
Luca Ramella – Schlagzeug
Gustavo Nanez – Perkussion
Pablo Miguez – Gitarre
Mario Scarton – Klavier, Wurlitzer
Fabian Gießler – Kontrabass
Christian Gantenbein – Akkordeon
Patrizia Leone – Gitarre, Gesang
Adrian Weyermann – Gitarre
Jorgus Stergiou - Oud


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